Bewundert
Der diesjährige Prix de Lausanne überzeugte auch beim zeitgenössischen Tanz
Mit Sylvie Guillem (*23.2.1965 Paris) würdigt der Prix de Lausanne 2026 eine der prägendsten Künstlerinnen der internationalen Tanz- und Ballettszene. Die französische Tänzerin, die mit technischer Brillanz und kompromisslosem Gestaltungswillen die Grenzen des klassischen Balletts neu definierte, erhält den Lifetime Achievement Award der Schweizer Talentschmiede für ihr Lebenswerk. Die Auszeichnung wird am 7. Februar 2026 während der Abschlussgala im Théâtre de Beaulieu in Lausanne verliehen und weltweit live übertragen.
Kaum eine klassische Tänzerin hat ihre Kunstform so nachhaltig geprägt wie Sylvie Guillem. Bereits mit 19 Jahren wurde sie nach ihrer beeindruckenden Interpretation der Doppelrolle Odette / Odile in „Schwanensee“ vom damaligen Ballettdirektor Rudolf Nurejew zur Étoile der Pariser Oper ernannt – die bis dahin jüngste in der Geschichte des Hauses und eine der wenigen Tänzer*innen, die nicht erst die dortige stoische Hierarchie durchlaufen musste. Guillems Virtuosität verband sich allerdings schon früh mit einem unbedingten Streben nach Unabhängigkeit. Sie verließ das Ballett der Pariser Oper, um als Gastsolistin am Royal Ballet in London neue Wege zu gehen und das klassische Repertoire teils auch außerhalb des großen Opernhausbetriebs mit zeitgenössischen Formen zu durchdringen.
Guillem arbeitete mit den einflussreichsten Choreograf*innen ihrer Zeit zusammen und wurde ihre künstlerische Muse – darunter Maurice Béjart, William Forsythe, Mats Ek oder Akram Khan. Legendär bleibt ihre Interpretation von Béjarts „Boléro“, die sie dank ihrer elektrisierender Präsenz in den Rang einer modernen Ballettikone erhob. Ihre künstlerische Neugier führte sie über die Grenzen des traditionellen Balletts hinaus, etwa in Forsythes Signaturstück „In the Middle, Somewhat Elevated“ oder Khans „Sacred Monsters“ – unnachahmlich blieb sie in ihrer Interpretation der weiblichen Partie in Eks auch medialem Welterfolg „Smoke“ an der Seite von Niklas Ek.
Neben ihrer eigenen künstlerischen Laufbahn auf der Bühne verfolgte die Tänzerin Ambitionen als Choreografin und brachte 1995 das vielbeachtete Solo „Classique instinct“ sowie 1998 ihre eigene „Giselle“-Version mit dem Finnischen Nationalballett und schließlich 2001 mit dem Ballett der Mailänder Scala zur Aufführung.
Nach ihrem Abschied von der Bühne im Jahr 2015 blieb Guillem als künstlerische Persönlichkeit präsent – als Symbol für Integrität, einen starken Willen und Freiheit. Der Prix de Lausanne ehrt mit dieser Auszeichnung nicht nur eine außergewöhnliche Laufbahn, sondern eine Haltung: die Weigerung, sich Konventionen zu beugen, und die Forderung, Bewegung immer wieder neu zu denken. „Sylvie Guillem steht für die Idee, dass Tanz mehr ist als Technik – er ist eine Form des Denkens in Bewegung“, erklärt die Jury des Prix de Lausanne. „Ihr Werk inspiriert bis heute eine Generation junger Tänzerinnen und Tänzer, die das Klassische als Sprungbrett ins Zeitgenössische begreifen.“
Mit dem Lifetime Achievement Award 2026 reiht sich Guillem in die Riege jener Künstlerinnen und Künstler ein, die den Tanz als Sprache der Gegenwart geprägt haben – und deren Nachhall noch lange spürbar bleiben wird.
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