Die Finalist*innen des Prix de Lausanne 2025

Bienenstock und Klassentreffen

Großes Finale des 53. Prix de Lausanne 2025

Der Jahr um Jahr nahezu identische, präzise Ablauf des letzten Wettbewerb-Tages wartet auch in der diesjährigen Ausgabe mit einem dichten Programm auf. Viel Talent kommt aus Asien, und Maos letzter Tänzer erhält die Auszeichnung für sein Lebenswerk.

Lausanne, 09/02/2025

Bienenstock und Klassentreffen: So etwa fühlt sich das von positiver Spannung und nahezu babylonischem Sprachengewirr aufgeladene Treiben an, das am Final-Tag des 53. Prix de Lausanne durch das Théâtre de Beaulieu pulsiert. Es ist ein großes Stelldichein von Wettbewerbs-Teilnehmenden nebst Familien und Freunden, Förderern, Publikum und Presse. Und auch ein Zusammentreffen eines Who’s Who der Ballettwelt: Leitungspersonen von Ausbildungsstätten für klassischen Tanz und von Ballettcompagnien, Pädagog*innen, Tänzer*innen, die sich vielerorts in ihrer Bubble immer wieder begegnen, und in deren Kalendern der Prix jeden Februar aufs Neue ein fixer Termin ist.

In diesem Jahr nahmen 85 Schülerinnen und Schüler 22 verschiedener Nationalitäten am Prix de Lausanne teil. Schon die Teilnahme an sich ist eine Auszeichnung, denn sie wurden aus insgesamt 445 Bewerbungen ausgewählt, elf von ihnen bei Pre-Selections in Macau, Lateinamerika und im schweizerischen Villars-sur-Olon. Alle anderen wurden via Videobewerbung für die Teilnahme auserkoren.

Ein fünftägiger Weg zum Finale

In Lausanne hat diese Gruppe der Auserwählten eine intensive Wettbewerbswoche hinter sich. Dank des durchdachten Aufbaus und der Anleitung von namhaften und höchst erfahrenen Pädagog*innen haben sie in täglichen Trainings und Workshops ein reiche Lernerfahrung machen dürfen. Und dies unter steter Beobachtung der hochkarätig besetzten Jury unter dem Vorsitz von Laurent Hilaire mit Paola Cantalupo als Vize-Präsidentin, sowie Leanne Benjamin, Skylar Campbell, Frédéric Olivieri, Laetitia Pujol, Viengsay Valdés, Wim Vanlessen und Joy Womack.

Von jeher ist der Prix de Lausanne so konzipiert, dass die Teilnehmenden über fünf Tage Sicherheit und Vertrauen gewinnen können, bevor es für 20 von ihnen ins Finale geht. Luca Masala, seit 2009 Leiter der höchst renommierten „Académie Princesse Grace“ in Monte Carlo (dessen Schüler Hector Jain unter den Finalisten ist) schildert seine Beobachtung, dass über die Jahre seine Schülerinnen und Schüler eine immer spürbarere Angst davor entwickelt haben, wie sie wahrgenommen werden. Daher ist das Umfeld der Zugewandtheit und Verbundenheit, das der Prix bietet, für die Teilnehmenden umso wichtiger.

Zehn Schülerinnen und zehn Schüler schafften den diesjährigen Sprung ins Finale. Fünf von ihnen besuchen Ausbildungsstätten in Europa, zwei in den USA. Auffallend groß ist die Zahl der Final-Teilnehmenden, die aus Schulen in Asien kommen (fünf aus Japan, vier aus Südkorea, vier aus China). Ist dies tatsächlich nur eine Momentaufnahme? So betont es jedenfalls Jury Präsident und Direktor des Bayerischen Staatsballetts Laurent Hilaire in der Pressekonferenz.

1800 Augenpaare

Der riesige Theatersaal des Beaulieu ist bis auf den letzten seiner etwas über 1800 Plätze gefüllt. Starke Nerven sind gefragt bei den Finalist*innen, die (auf der seit dem Umbau des Theaters vor wenigen Jahren sicher zur Erleichterung aller nicht mehr schrägen Bühne) jeweils eine klassische und eine zeitgenössische Variation zeigen. Der Prix gibt beiden Alterskategorien (15-16 bzw. 17-18 Jahre) eine Auswahl der „üblichen Verdächtigen“ unter den klassischen Variationen. Und fünf zeitgenössische Variationen standen zur Wahl; von Kinsun Chan, Jorma Elo und Christopher Wheeldon sowie von Ksenia Kosova und Quinn Bates. Beide Letzteren erhielten im vergangenen Jahr den „Young Creation Award“, den der Prix 2021 ins Leben gerufen und sich mit ihm noch breiter aufgestellt hat.

In anderthalb Stunden offenbaren die 20 viel und fast durchweg sehr souverän präsentiertes Talent, über das die Jury anschließend in längerer Klausur die finale Entscheidung fällt.

Abwechslungsreiches Intermezzo

Für das Publikum wird diese Zeit bestens mit dem Zwischenprogramm überbrückt. Margarita Fernandes und António Casaliho vom Bayerischen Staatsballett zeigen das Balkon-Pas de deux aus Crankos „Romeo und Julia“ und sorgen mit einem stupend dargeboten Pas de deux aus „Le Corsaire“ für Jubel.

Auch die beiden Stücke, die am Mittwoch mit dem diesjährigen „Young Creation Award“ ausgezeichnet wurden, werden gezeigt. „20 Miles From Shore“ (getanzt von Alex Westerman) von Henry Lichtmacher, der die Houston Ballet Academy besucht, sowie „Extinction“ (dargeboten von Caroline Quiner) von Alexander Mockrish, Schüler der ABT Jacqueline Kennedy Onassis School, überzeugen und werfen ihren Schatten voraus auf das kommende Jahr, wo sie dann ihrerseits in die Auswahl für das zeitgenössische Repertoire eingehen werden.

Zeit für eine Premiere ist auch noch: Im Rahmen des 2018 ins Leben gerufenen „Partner School Choreographic Projects“ hat Jessica Lang während der Woche in Lausanne mit „Our Common Fate“ ein Stück geschaffen, das Rasanz und Elegie vereint, und in dem sich die große Gruppe von Schüler*innen aus 26 Partnerschulen des Prix in immer wieder neuen Formationen und wunderschönen Bildern zusammenfindet.

Preis für das Lebenswerk für Li Cunxin

Einer, dessen eigene Ausbildung an der Beijing Dance Academy der 70er Jahre mit ihrem drakonischen Drill nicht weiter entfernt sein könnte von dem, was der Prix an heutigen Lehrmethoden vorlebt, ist Li Cunxin. An ihn, dessen berühmte und später auch verfilmte Biografie „Maos Last Dancer“ 2003 erschien, geht der diesjährige Preis für das Lebenswerk. Seinen Sprung aus China in den Westen hatte Li entscheidend Ben Stevenson zu verdanken, der ihn 1979 ans Houston Ballett holte, wo seine große Tänzerkarriere begann, die sich beim Australian Ballet fortsetzte und deren Erfahrungsschatz ihn schließlich äußerst erfolgreich 12 Jahre das Queensland Ballet leiten ließ. Huldigend warme Worte des inzwischen 88-jährigen Stevenson werden eingespielt, bevor Li Cunxin den Preis von Prix de Lausanne Leiterin Kathryn Bradney entgegennimmt und sich herzlich, mit einem eindrücklichen Ratschlag an die junge Generation und mit berührender Bescheidenheit bedankt.

Viele Auszeichnungen und Zukunftschancen

Der Moment der Verkündigung der Gewinnerinnen und Gewinner ist gekommen. Neun von ihnen erhalten dank treuer und großzügiger Stiftungen und Förderer Stipendien für eine der zahlreichen Partnerschulen oder -compagnien des Prix de Lausanne.

Völlig überwältigt darf der Koreaner YounJae Park (Seoul Arts High School) die Goldmedaille in Empfang nehmen. An ihn ging auch der „Best Young Talent Award“. Auf Platz 2 folgt Eric Poor (Cary Ballet Conservatory, USA). In die Herzen getanzt hat sich offensichtlich der Japaner Shinnosuke Yasuumi (Reiko Yamamoto Ballet School), der neben Platz 3 auch den „Audience Favourite Award“ sowie den „Beaulieu Award“ erhalten hat. Ein kleines Fragezeichen sei bei dieser Wahl gestattet, denn der 18-jährige (der von sich selbst sagt „I look like 15“) ist von auffallend kleiner Statur. Es fällt daher schwer, sich zu der Prinz Désirée-Variation, die er gezeigt hat, eine potenzielle Aurora vorzustellen. Man wünscht ihm eine Compagnie, in der er gut aufgehoben ist und wo er vielleicht eher Gelegenheit erhält, das auszubauen, was er in der zeitgenössischen Variation von Quinn Bates mit mitreißender Leichtigkeit zur Schau gestellt hat.

Auf den nächsten Plätzen folgen die Chinesin Hanxi Wang (Shanghai Dance Academy), die beiden Amerikaner Hector Jain (Académie Princesse Grace) und Ryan Handa (John Cranko Schule), die Japanerin Hono Hamasaki (Yoki Tokunaga Ballet School), die Koreanerin Bogyeong Kim (Busan Arts High School) und der Brite Jakob Wheway Hughes (Tring Park School for Performing Arts). Letzterer hat auch gleich noch den „Contemporary Dance Award“ und den „Web Audience Favourite Award“ mit abgeräumt.

Alle anderen erhalten einen Preis von CHF 1.000 und können – nebst aller der 65, die es nicht ins Finale geschafft haben – am Tag nach dem Finale das Sprungbrett des „Networking Forum“ nutzen, bei dem sie Gelegenheit für Gespräche mit interessierten Direktorinnen und Direktoren von Partnerschulen und -compagnien haben, die fast immer auch in ein Angebot münden.

Die Gala „Rising Stars“ beschließt am Sonntag die diesjährige Ausgabe des Prix de Lausanne, dessen internationales Renommee seit Jahrzehnten ungebrochen ist. Hinter der immer wieder beeindruckenden Durchführung des Wettbewerbs und des Final-Tages steckt eine enorme organisatorische und logistische Leistung. Viele der anwesenden Beteiligten dürften bereits die kommende Ausgabe im Kopf haben. Denn nach dem Prix ist vor dem Prix.

 

Das Finale ist in der Arte Concert Mediathek noch bis zum 7. Februar 2026 zu sehen.

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