„Isn’t it a pity“ von und mit Jack Bannerman

The most precious thing

Jack Bannermans Solo „Isn’t it a pity“ im projekttheater Dresden

Im postdigitalen Dasein sind wir vor allem eins: einsam. Das ist nicht neu, wirkt hier aber durch den theatralischen Ansatz fast ein bisschen schön.

Dresden, 03/05/2025

„Isn't it a pity / Isn't it a shame / Yes, how we break each other's hearts / And cause each other pain“ – Nina Simone hat das schon ziemlich gut auf den Punkt gebracht. „Isn’t it a pity“ hatte sie zwar gecovert, aber sei's drum. Vorweggenommen scheint zu haben, dass im Zeitalter von social media das Zwischenmenschliche immer deutlicher auswechselbar erscheint. Was wir sind und tun, alles ist dokumentiert, analysiert und in der Folge algorithmisch durchprogrammiert. Deshalb singt Nina Simone in technischer Verfremdung erst mal rückwärts. Aber da schon ist ihre unverwechselbare Stimme erkennbar.

Vorher aber beginnt alles im Dunkeln, nur der Heilige Gral strahlt von innen heraus: Das Display eines Smartphones ist die einzige Lichtquelle auf der Bühne. Nicht ausreichend, um Orientierung im Raum zu bieten. Was danach als Lichter aufflackert, sind Bruchstücke, Fragmente, Kernsätze. I miss you. I hate you. How are you. Und mittendrin, kaum wahrnehmbar, Jack Bannerman. Verloren. Auf der Suche.

Bannermans Solo „Isn’t it a pity“ ist eine Weiterentwicklung. In Zusammenarbeit mit Frieda Kirch (Plastik, Dramaturgie) hatte er diese Arbeit bereits Ende 2023 zur Uraufführung gebracht. Der Australier hat einen Master in Choreografie der Palucca-Hochschule im Ärmel und hier selbst gleich mal Konzept, Choreografie, Sounddesign und Videodesign übernommen. Das Ergebnis schöpft die Möglichkeiten voll aus. Die Choreografie steht zwar in den fast schon elegischen Bildern nicht im Vordergrund, trotzdem ist das Konzept nicht überfrachtet. In den Hintergrund drängt das die Choreografie ganz und gar nicht.

„like, whatever“ 

Die Sounds rollen mechanisch wie eine nie still stehende Maschine; einsam tastet sich Bannerman durch den Raum, bis er schließlich unter dem weißen Tanzboden einen mehrere Meter langen Kabelbaum hervorzieht. Das wirkt wie eine Desillusionierung, wie der Scheinwerfer, der in der „Truman Show“ vom Himmel fällt. Hinter dem Leben stecken Daten, keine Emotionen. Aus einem kopflosen, puppenartigen Körper zieht er ein Radio. Ein paar Tonfetzen. Dann leeres Rauschen. No reception. Ein Menetekel. Bannerman liegt am Boden in einer Videoprojektion, als hätte er eine Beziehung zu den zufällig wirkenden Film-Schnipseln. Die schrumpfen schließlich, bis sie wieder ganz verschwinden. Auch hier bleibt nichts zurück. 

„How we take each other's love / The most precious thing / Without thinking anymore“, singt Nina Simone. Es ist ein emotionales Unausgefülltsein, das die Atmosphäre bestimmt. Bildlich umgesetzt findet sich das in leeren Kleidungsstücken, die so räumlich modelliert sind, als stecke in ihnen jeweils ein unsichtbarer Mensch. Leere Hüllen, wie Geister. Selbst Sprache funktioniert nicht mehr. Aus dem Off hört man Bannermans Stimme, wie er von einer Falschlieferung von Möbeln berichtet. Erst, nachdem die Bruchstücke vollständig und in die richtige Reihenfolge gebracht sind, ergibt sich der gesamte Zusammenhang. Durch Wiederholung aber geht jede Relevanz der Aussage flöten. Da wirkt ein „like, whatever“ fast wie eine Kernaussage. Dazu immer wieder offene Hände an ausgestreckten Armen, leer, nichts zu fassen. Obwohl am Ende keine Lösung aus dem Dilemma dieser allseitigen Bedeutungslosigkeit aufscheint, fühlt es sich doch irgendwie positiv an. Wir sind wohl in unserer Einsamkeit nicht allein.

 

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