„FOXX“ von Tanzfuchs PRODUKTION, Tanz: Moonjoo Kim und Dennis Alexander Schmitz

Sind wir nicht alle ein bisschen …?

„FOXX“ von Tanzfuchs PRODUKTION im tanzhaus nrw

Der Fuchs im Zentrum des Geschehens: spielerisch, mysteriös und fabelhaft

Düsseldorf, 27/05/2024

Von Svenja Hoffeller

 

Füchse gelten in der europäischen Kultur als listige, in deutschen Fabeln und Märchen zum Teil auch hinterlistige, scheue und vor allem schlaue Tiere. Ganz anders im japanischen Kontext: Dort ist der Fuchs, genannt Kitsune, ein mit Zauberkräften ausgestattetes Fabelwesen, das sich in einen Menschen verwandeln kann und neun Schwänze hat. Was an Facetten und Geschichten alles in einem Tier stecken kann, erzählt Barbara Fuchs mit ihrem Team in der neuen Produktion „FOXX“ für junges Publikum, die im Tanzhaus NRW Premiere hatte. Die Kölner Choreografin kreiert inzwischen schon seit über 20 Jahren erfolgreich Tanzperformances für Jung und Alt und weiß genau, wie sie ihre Zuschauer*innen erreicht.

Vor Beginn des Stücks sammeln sich alle im Foyer, um sich kurz gemeinsamen mit den Mitarbeiter*innen des Tanzhauses auf das Stück einzustimmen und in Bewegung dem Fuchs zu nähern. Wie wird man Fuchs? Typische Bewegungen werden anprobiert: Hinterm-Ohr-Kratzen, Auf-vier-Füßen-laufen, Mit-gehobener-Pfote-stehen-bleiben. Dann, im kleinen Saal, warten schon fünf hohe Bambus-Rollen, die zu einem Zaun nebeneinander aufgebaut sind. Hinter ihm tauchen urplötzlich zwei Fuchsohren und die Spitze eines Schwanzes auf. Da! Wo? Schon sind sie wieder verschwunden. War das was? Oder doch nicht? Das ruckartige Auf- und Abtauschen des Fuchses erinnert an ein Versteckspiel. Schon sind die Kinder voll dabei. Es wird laut gelacht. Was wohl als nächstes passiert? Wird der Fuchs sich ganz zeigen? 

Zwischen Manga und Märchen

Vorerst kommen aber erst einmal nur zwei Menschen hinter dem Zaun hervor und beginnen ihn stückweise abzubauen. Moonjoo Kim und Dennis Alexander Schmitz ziehen die Bambusrollen wie Filmrollen auseinander. Es entsteht eine Projektionsfläche, auf der im nächsten Moment ein Fuchs im Gras läuft. Wir können seine geschmeidigen Bewegungen durch die Großaufnahme der Projektion förmlich spüren und ihm direkt in die Augen sehen. Dann geht das Bild in eine junge Frau über, die durch ihre Schminke mit betonten Lippen und Augen an eine japanische Manga-Figur erinnert. Zwei spitze fellige Fuchsohren und zwei Fuchsschwänze sitzen auf ihrem Kopf bzw. hängen an ihrem Gesäß. Die Performerin, Antonia Ritzenhoff, beginnt ein eigens für die Produktion getextetes Kinderlied zu singen und tanzt im Stil des K-Pop dazu. Sie bleibt das ganze Stück über als virtuelle Sängerin präsent.

Von Fingern zu Pfoten

„FOXX“ entfaltet sein Spiel zwischen den beiden körperlich präsenten Tänzer*innen und der virtuellen Sängerin im Wechsel zwischen Manga und Märchen. Ihre Bewegungsqualität gibt Kim und Schmitz den Anschein von smarten Fabelwesen: Ihre Hände werden durch das Einziehen der Finger zu Pfoten, ihre Arme bewegen sich wie die Vorderbeine von Wildhunden. Während die Kostüme gar nicht den Versuch machen, Tiere zu imitieren, gelingt die Annäherung in Körpersprache umso mehr: Die Schritte sind sanft und leichtfüßig, zugleich zielgerichtet und schnell. Gerade noch rollen die Spielpartner*innen über den Boden, schon verstecken sie sich voreinander, dann jagen sie sich oder kommen zusammen und kugeln übereinander wie zwei Füchse im Gras.

Am Ende finden die drei Körper in ihren verschiedenen medialen Welten doch noch zueinander. Kim und Schmitz springen zwischen der realen Szene auf der Bühne und der Projektionsfläche hin und her. Mal sind sie bei Ritzenhoff im Film und singen mit, dann tanzen sie wieder live bei uns im Raum. Die Wechsel laufen so leichtfüßig und mühelos ab, wie das ganze Stück sich entspinnt.

„FOXX“ ist erfrischend in seinem Einfallsreichtum und seiner Spiellust und bringt die vielen Gesichter eines scheinbar alt-bekannten Märchen-Protagonisten zum Vorschein. Durch die elektro-akustischen Klangwelten, den Mix zwischen realer und virtueller Szene, zwischen Manga und Märchen und durch die einfallsreiche tänzerische Arbeit entstehen temporeiche und witzige Perspektiven, die die jungen Zuschauer*innen in eine Welt voller Fantasie und Assoziationen hineinziehen. Sind wir nicht alle ein bisschen Fuchs? Gut und böse, neugierig und scheu, niedlich und listig – von allem ein bisschen ...

 

Bewegungsmelder – Nachwuchswerkstatt für Tanzjournalismus aus NRW

 

Dieser Text entstand im Rahmen des Projekts „Bewegungsmelder – Nachwuchswerkstatt für Tanzjournalismus aus NRW“, einer Kooperation von tanznetz mit dem Masterstudiengang Tanzwissenschaft des Zentrums für Zeitgenössischen Tanz (ZZT) an der Hochschule für Musik und Tanz Köln und dem nrw landesbuero tanz.

 

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