John Ashford in Enya Belak's documentary 'Aerowaves at 25' 2022

John Ashford in Enya Belak's documentary 'Aerowaves at 25' 2022

John Ashford ist gestorben

Die Tanzwelt beklagt Verlust einer der einflussreichsten britischen Persönlichkeiten des zeitgenössischen Tanzes

Mit dem Tod von John Ashford verlieren Großbritannien und Europa eine der einflussreichsten Persönlichkeiten des zeitgenössischen Tanzes. Er starb am vergangenen Sonntag, 17. Dezember, im Alter von 79 Jahren in London.

London, 19/12/2023

Wenige Persönlichkeiten waren so maßgeblich an der Entwicklung und wachsenden Popularität des zeitgenössischen Tanzes in Großbritannien beteiligt, wie er: In den Jahren 1986 bis 2009 hielt John Ashford die Leitung des The Place Theaters in London inne, das sich als die meistbesuchte Tanzbühne Großbritanniens etablieren sollte. Mit seinem feinen Gespür für Talente und Erfolge holte er frühzeitig Kompanien wie DV8, Adventures in Motion Pictures, V-tol Dance Company oder Wayne McGregor an sein Theater und förderte ihr choreografisches Talent mit eigenen Produktionen und Auftragswerken. Zu Ashfords Gästen zählten renommierte Choreograf*innen-Persönlichkeiten wie Wim Vandekeybus, Sasha Waltz oder Rui Horta. 

Auf John Ashfords Initiative hin wurde The Place Prize ins Leben gerufen, ein alle zwei Jahre stattfindender Choreografie-Wettbewerb, der zu den prestigeträchtigsten Veranstaltungen und Auszeichnungen der britischen Tanzszene zählte. Im Jahr 1997 gründete John Ashford Aerowaves, ein europäisches Netzwerk für die Erforschung und Präsentation aufstrebender Tanzkompanien, als dessen künstlerischer Leiter er bis ins Jahr 2022 vorstand. Bei Aerowaves traf und trifft sich in wechselnden europäischen Städten bis heute die Veranstalterszene Europas, um junge Talente zu entdecken und sie anschließend bei sich zu zeigen. Über Ashfords Engagement für den künstlerischen Tanz hinaus setzte er sich auch für eine respektvolle Kritikkultur in seinem Land ein und förderte die Dokumentation des Tanzes in Medien und Archiven. So lädt Aerowaves jedes Jahr junge Kritiker*innen zur Springback Academy ein, um sich dort international zu vernetzen und in Kurzkritikformaten weitere Erfahrungen zu sammeln.

Für John Ashfords große Verdienste um den zeitgenössischen Tanz des Landes wurde er als überragende Persönlichkeit Tanzschaffender bei den Critics‘ Circle National Dance-Awards (UK) im Jahr 2022 mit dem „Lifetime Achievement Award“ ausgezeichnet. Er beeinflusste aber nicht nur den Tanz, sondern auch die Menschen um ihn herum. Ganz besonders war dies bei seiner Verabschiedung von Aerowaves als künstlerischer Leiter im griechischen Elefsina 2022 zu spüren. Sein Team und die internationale Tanzszene bejubelte Ashford und feierte ihn mit einer rührenden Videodokumentation. 

Mit seinem Tod hinterlässt John Ashford als leidenschaftlicher Verfechter und Unterstützer des zeitgenössischen Tanzes in seiner Heimat Großbritannien, in Europa und weit darüber hinaus eine übergroße Lücke, die nicht zu schließen sein wird. Die Tanzwelt trauert um einen Netzwerker, der vor allem in späteren Jahren die jungen Anfänger*innen gefördert hat anstatt sich mit großen Namen zu schmücken. Harte Arbeit...

Kommentare


Was für eine traurige Nachricht. 

Ein Verlust für die Tanzwelt und ihre künstlerische Entwicklung gerade in UK, wo derzeit die Austerität leider auch in der Kunst massiv um sich greift.


Ich kannte John Ashford vor meiner Teilnahme bei Aerowaves vergangenes Jahr noch nicht, aber die Art, wie seine Mitarbeitenden und die alle aus der Szene über ihn gesprochen haben, und die rührende Verabschiedung haben mir eindrücklich gezeigt, dass er von seinem Wirken her und menschlich ganz besonders sein muss. Ich bin froh, in dort noch erlebt zu haben. Viel Kraft an alle Trauernden, die im nah standen!

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