„Nouvelles Pièces Courtes“ von Philippe Decouflé

„Nouvelles Pièces Courtes“ von Philippe Decouflé

The Show goes on

Zum Tanz-Gastspiel von Philippe Decouflé im Ludwigshafener Pfalzbau

Tanz, Gesang, Klavierspiel, Akrobatik und die Rezitation japanischer Gedichte fügt der französische Choreograf gekonnt zu einem Abend voller kleiner Träumereien zusammen.

Ludwigshafen, 06/09/2020

Während die großen Theater in der Region noch in der Corona-Schockstarre verharrten, präsentierte der Ludwigshafener Intendant Tilman Gersch bereits mit dem Mut der Verzweiflung ein ehrgeiziges Programm für den Herbst, denn als reines Gastspielhaus ist der Pfalzbau auf internationalen künstlerischen Import angewiesen. Der Anlauf scheint sich gelohnt zu haben: Im Pfalzbau wird wieder (fast) normales Theater gespielt. Zum Saison-Auftakt konnte ein im Frühjahr aufgefallenes Tanzgastspiel nachgeholt werden. Die „Nouvelles Pièces Courtes“, produziert 2017 und daher ohne alle Abstandsvorbehalte, brachten erfrischende Normalität auf die Bühne – während im Zuschauerraum natürlich ein ausgeklügeltes Hygienekonzept waltete.

Mit Philippe Decouflé gastierte eine der schillerndsten Figuren im Showgeschäft, die die Nahtstelle zwischen Musik, Tanz, Zirkus, Varieté und Film eindrucksvoll besetzt. Der Mann, der mit der Gestaltung der Olympischen Eröffnungs- und Schlussfeiern in Albertville 1992 einen weltweit beachteten künstlerischen Daumenabdruck hinterließ, ist zugleich künstlerischer Leiter des Pariser Kabaretts „Crazy Horse“ und Direktor der Compagnie DCA. Wer hier mitmachen will, muss mehr als ein künstlerisches Talent mitbringen; dafür werden auch Künstler*innen eingebunden, die gängigen Erwartungshaltungen in Sachen BMI oder Alter zuwiderlaufen. So mischte in den „Novelles Pièces Courtes“, Tanz, Gesang, Klavierspiel, Akrobatik und die Rezitation japanischer Gedichte lässig mit einander verbinden, der fast 60jährige Choreograf selbst mit.

Der Abend beginnt wie eine hingetupfte kleine Träumerei in einem Nachtlokal, einem Flirt mit Klavier, Gesang, Tanz und Artistik, bei dem selbst das Tasteninstrument auf einer beweglichen Drehscheibe das Tanzen lernt. Die hohe Kunst der Leichtigkeit prägt – mit spezifisch französischer Atmosphäre - auch die übrigen kleinen Stücke, die nur durch ein raffiniertes Bühnenbild zusammengehalten werden. Eine Art bühnenhohes Regal mit klappbaren Lamellentüren im Hintergrund ist für optische Überraschungseffekte gut, und im Einsatz von Licht und Filmelementen zeigt Decouflé die Handschrift eines erfahrenen Meisters in der Erschaffung von Traumwelten. Darin dürfen die Zuschauer*innen zumindest in Gedanken nach Belieben herumwandern. Als Gegenstück zu den vielfachen Reglementierungen in Pandemie-Zeiten machte sich diese elegante künstlerische Spielerei besonders gut.

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