„Hieronymus B.“ von Nanine Linning

„Hieronymus B.“ von Nanine Linning

Zwischen Himmel und Hölle

Ein Tanzabend der Choreografin Nanine Linning in Halle

2015 fand mit dem Ballett des Theaters Heidelberg die Uraufführung von „Hieronymus B.“ statt. Jetzt folgte die Einstudierung mit dem Ballett Rossa. Als Triptychon konzipiert, werden die Zuschauer Teil einer mystischen Bilderwelt.

Halle, 09/04/2019

Als Triptychon konzipiert, wird das Publikum bei „Hieronymus B.“ Teil einer mystischen Bilderwelt des niederländischen Malers Hieronymus Bosch - und das sowohl vor der Bühne aus der Perspektive des Zuschauerraums als auch mittendrin im Geschehen, umringt von Bildobjekten, Fabelwesen und allegorischen Figuren. Es ist die Zeit zwischen Mittelalter und Renaissance und die Bildwerke von Bosch waren geprägt von der Erfindung der Buchkunst, Martin Luthers Übersetzung der Bibel, die Entdeckung Amerikas durch Kolumbus, von Albrecht Dürer und Leonardo da Vinci. Davon erfährt man als ZuschauerIn durch Videobilder, in denen Figuren aus den Bildern Hieronymus Bosch' in vielfältigen Formen miteinander verwoben sind und zuweilen auch etwas Erschreckendes an sich haben. Man ahnt, wie durch die Umwälzungen in dieser Zeit Ängste entstanden, die Hieronymus Bosch zu seinen Höllenwelten brachten.

Der auf der Bühne befindliche Teil der ZuschauerInnen ist umringt von sieben Objekten, die wie Jahrmarktsbuden aussehen, und belebt werden von den TänzerInnen, die Motive aus Bosch-Werken nachstellen: Ein Narr mit Schiffchen kurvt durch das Publikum, andere visualisieren die von Hieronymus Bosch symbolhafte Darstellung der sieben Todsünden. Die Gestaltung dieser Kabinette ist durch das Künstlerduo Les Deux Garcons mehr als gelungen. Aus dem Bühnenboden hebt sich unvermittelt ein Tanzpodium empor. Barockmusik erklingt und zwei Paare tanzen ihre Beziehungen - unter den Augen des Todes. Schon die ersten beiden Teile des Tanzabends machen deutlich, welches Konzept Nanine Linning verfolgt: die Verschmelzung verschiedener Künste - von Tanz, Musik, Design, Videokunst und bildender Kunst.

Der dritte Teil des Tanzabends, der zugleich Hauptteil des Triptychons ist, fasziniert durch eine Choreografie zwischen Anmut und Aggressivität, Demut und Erlösung. In Tanzbildern, die besonders von Bewegungsformationen des Ensembles geprägt sind, stehen die von Bosch in seinen Bildern oft thematisierten sieben Todsünden Hochmut, Geiz, Wollust, Zorn, Völlerei, Neid und Faulheit im Mittelpunkt wie auch die tänzerische Visualisierung von Boschs Triptychon „Der Garten der Lüste“, etwa die Vertreibung aus dem Paradies. Im tänzerischen Finale bekommt die Hoffnung durch einen Engel ein Gesicht. Adam und Eva schweben auf einem großen Granatapfel über dem Geschehen und das Ensemble strebt auf einer Himmelsleiter nach oben - begleitet vom Gesang Yulia Sokoliks. Die Staatskapelle Halle spiele mit viel Einfühlungsvermögen Werke von Dowland, Händel, Purcell, Scarlatti und eine Auftragskomposition des zeitgenössischen Komponisten Michiel Jansen. Es ist für die Tanzszene Mitteldeutschlands ein Glücksfall, dass die Choreografie „Hieronymus B.“ von Nanine Linning durch das Remake mit dem Ballett Rossa weiter gezeigt werden wird. Und so gibt es viel Beifall für einen besonderen Tanzabend mit dem herausragenden Ballett Rossa.
 

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