„Mozartrequiem“ von Can Arslan

„Mozartrequiem“ von Can Arslan

Der Mensch auf einer Reise ins Ungewisse

„Mozartrequiem“ als Ballett von Can Arslan mit Musik von Wolfgang Amadeus Mozart

Mozarts Requiem als tänzerische Interaktion mit Orchester, Chor und SolistInnen wird zu einer beeindruckenden künstlerischen Performance über das Entstehen und Vergehen als ewiger Kreislauf des Lebens.

Halberstadt, 29/03/2019

Es ist eine Totenmesse, die Mozart nicht mehr zu Ende komponieren konnte. Als er am 5. Dezember 1791 mitten in der Komposition des Requiems starb waren ca. zwei Drittel des Werkes fertiggestellt. Bis heute rätselt man, wer die Partitur vervollständigte und die Komposition fertiggestellt hat. Bis heute gilt Mozarts Komposition als eine der eindringlichsten musikalischen Auseinandersetzungen mit dem Tod und als eine der berühmtesten Kirchenmusiken überhaupt. Nicht nur im Text des Requiems für die Chorsätze, sondern vor allem für die Vokalstimmen (Bass, Tenor, Mezzosopran und Sopran) kommt dies zum Ausdruck. Das Musikalische, der Vokalklang des vierstimmigen Chorsatzes mit dem klassischen Orchester, ist für eine tänzerische Interpretation geeignet. Die Haupttonart des Requiems ist D-Moll. Sie wird ernsten, auf das Jenseits bezogenen Themen zugeordnet, wie zum Beispiel Franz Schuberts Streichquartett „Der Tod und das Mädchen“. Die Musik weckt Assoziationen zu Dunkelheit, Emotionen, Romantik und Sterben.

Can Arslan hat augenscheinlich sehr genau die Partitur studiert, das Besondere der einzelnen Teile (Kyrie, Dies irea, Tuba mirum, Rex Tremendate, Lacrismos Hostias, Sanctus, Agnus Dei) mit Blick auf eine tänzerische Interpretation aufgespürt. Er fügt dem Requiem zu den orchestralen und vokalen Dimensionen mit einer einzigartigen Synthese von Tanz und Bewegung eine weitere zu. Das Ganze wird zu einem Gesamtkunstwerk, musikalisch und tänzerisch auf einem hohen Niveau. Mozarts Requiem war und ist nicht ausschließlich liturgische Komposition. Es ist Filmmusik, Soundtrack für Computerspiele, es gibt Jazzversionen und Heavy-Metal-Versionen und es gab eine Aufführung als Pferdeballett in Salzburg.

In diesem Ballettabend steht die Musik der Totenmesse im Mittelpunkt. Can Arslan spürt, inspiriert von der Liturgie der Texte und der Vitalität der Musik, den großen religiösen Sinnfragen des Lebens, dem Werden und Vergehen als ewigem Kreislauf des Lebens nach. Vor einem pyramidenartigen Auditorium mit einer steilen Rampe im Zentrum kommentieren die sieben Tänzerinnen und Tänzer mit ihren Bewegungsritualen Text und Musik des Requiems. Chor und SolistInnen thronen als „überirdische“ Wesen, als Beobachter, über der Szene. Die Bewegungsrituale mit ihren Verschränkungen und Verquerungen, Drehungen, Hebungen, dem Schreiten und Springen sowie einer atemberaubenden Körperakrobatik haben eine besondere Ästhetik. Vor allem die Gruppendynamik der Tänzerformationen, die Synchronität der Bewegungen, der Wechsel von Solo und Gruppe in geometrischen Tableaus, das Figurale am Boden machen das Vokale und das Tänzerische zu einer Einheit. Die farbenprächtigen Kostüme der TänzerInnen (Verena Hemmerlein), zunächst mit farbigen Umhängen und später in hauchdünnen Ganz-Körper-Trikots mit symbolhaften Zeichen, unterstreichen Can Arslans Konzeption für die tänzerische Auseinandersetzung mit Mozarts Requiem. Menschen als Suchende und Getriebene können Zahlen als Farben sehen und Tönen bestimmte Farben zuordnen.

Die TänzerInnen sind hier die sinnliche Verkörperung von Noten und beeinflusst von der formalen und emotionalen Struktur der Komposition. Caterina Cerolini, Masami Fukushima, Ana-Sanziana Beschia, Madoka Sato, Martin Anderson, Cristian Colatriano und Michele Carnimeo meistern mit Kraft und Eleganz ihre Partien. Bis zum Finale gelingt keinem das Erklimmen der Rampe. Erst am Schluss türmen sich die Sieben zu einer Pyramide auf und überwinden die Schwerkraft. Im 100. Jubiläumsjahr des Orchesters des Nordharzer Städtebundtheaters präsentierte sich das Orchester unter der Leitung von Kari Kropsu mit den SolistInnen Benedicte Hilbert (Sopran), KS Gerlind Schröder (Mezzosopran), Tobias Amadeus Schöner (Tenor) und Gijs Nijkamp (Bass) in musikalischer Hochform. Dies trifft auf Chor und Verstärkungschor unter der Einstudierung von Jan Rozehnal gleichermaßen zu. Die Begeisterung war einhellig.
 

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