Spaziergang mit Haus
„Dancehouse, literally – Tanzhaus, buchstäblich“ beim RODEO-Festival 2016 in München
Der freie Choreograph Stefan Dreher wird für seine bisherigen Leistungen und seine ungewöhnlichen künstlerischen Positionen von der Landeshauptstadt München mit dem diesjährigen Förderpreis Tanz ausgezeichnet. Das beschloss der Kulturausschuss des Stadtrats auf Vorschlag einer vorberatenden Jury in seiner Sitzung am 2. Juni. Der Preis wird biennal verliehen und ist mit 6.000 Euro dotiert.
Die Jury begründete ihren Vorschlag wie folgt:
Stefan Dreher ist ein exzeptioneller Tänzer. Als Choreograph kooperiert er seit 2002 in ständig wechselnden Konstellationen mit Schauspielern, Musikern, bildenden Künstlern und Tänzern; seine Produktionen sind international präsent. 2007 zählte er zu den „Jungen deutschen Choreographen“, die das Goethe-Institut anlässlich der EU-Ratspräsidentschaft präsentierte. Drehers Arbeit wurde kontinuierlich mit städtischer Projektförderung gewürdigt und ist auf den Festivals der Stadt zu sehen.
Der an der Folkwang-Hochschule unter Pina Bausch ausgebildete, lange in Belgien arbeitende und seit 2006 in München lebende Künstler ist kein Choreograph, der sich durch die Entwicklung und Intensivierung einer Bewegungssprache auszeichnet oder durch die kontinuierliche Arbeit an einer Fragestellung. Was Dreher unverwechselbar macht, ist die immer neue, überraschende Art, wie er Parameter des Tanzens und der Tanzpräsentation auf die Probe stellt und für sich und das Publikum durchdenkt und erfahrbar macht: Sein elftägiger Tanzmarathon „Dancing Days“ im öffentlichen Raum etwa begleitete 2015 das Festival DANCE am Gasteig und ließ dabei mit den Tanzenden Konzentration, Koordination, Kooperation, Partizipation und Zeitempfinden sinnlich greifbar und damit seine Idee vom „bildenden“ Tänzer anschaulich werden. In „I wish I were a hay” (2012) hingegen experimentierte er mit Notation als Übersetzung und Vorschrift; hier wurde nach einer vorab ohne Proben fixierten Partitur getanzt, kodiert im Wortlaut eines Gedichts von Emily Dickinson, bei dem die Tänzer Bewegungen und Raumwege ablesen und die Zuschauer mitlesen können.
Dreher reflektierte über die Unmöglichkeit, tanzen zu lernen, und widmete sich andererseits der perfekten Bewegung. Er geht verschiedensten Medien-Bildern nach, ob Kunstwerk oder Kameraeinsatz, untersuchte Anordnungen in Durchgangs- und Blickräumen (wie den Pinakotheken) und choreographierte für eine Ein-Quadratmeter-Fläche mit Pole-Dance-Stange.
Sein weites Spektrum an – immer individuellen – Zugängen kennzeichnet Stefan Drehers Bühnenstücke und Tanzinstallationen, die stets von hoher Qualität, kluger Komposition und großem Charme gekennzeichnet sind. So entspricht sein medienreflexives, zugleich genuin tänzerisches Œuvre den beiden Vergabekriterien des Preises, nämlich dem einer künstlerisch herausragenden Leistung und auch dem einer ungewöhnlichen künstlerischen Position. Ein entdeckungsfreudiger Künstler, der sich selbst und die Tanzwelt weiter überraschen wird.
Der Jury unter dem Vorsitz von Kulturreferent Dr. Hans-Georg Küppers gehörten in diesem Jahr an: Sarah Bergh-Bieling (Kuratorin, u.a. für Tanz), Thomas Betz (Kulturjournalist), Anna Konjetzky (Choreographin, Preisträgerin 2014), Stefan Sixt (Iwanson-Schule), Bettina Wagner-Bergelt (Bayerisches Staatsballett) und Stephanie Weber (Lenbachhaus) sowie aus dem Stadtrat Dr. Reinhold Babor, Ulrike Grimm, Thomas Niederbühl Julia Schönfeld-Knor und Christian Vorländer.
Die Preisverleihung (geschlossene Veranstaltung) findet am 9. Oktober 2016 im Rahmen des Festivals „Rodeo“ statt.
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