„Vader“ von Peeping Tom

„Vader“ von Peeping Tom

Alt werden ist nix für Feiglinge

„Vader“ von Peeping Tom als Uraufführung in Ludwigshafen

So surreal verrückt, so grausam, zärtlich und hintergründig zugleich wie „Peeping Tom“ weiß oder wagt kaum jemand sonst in der zeitgenössischen Tanzszene auf der Bühne zu erzählen.

Ludwigshafen, 13/05/2014

Aktuelles Tanztheater hat viele Gesichter. Ein sehr eigenes, originelles Profil hat die im Jahr 2000 gegründete Gruppe Peeping Tom ausgeprägt, genauer gesagt das argentinisch/französische Künstlerduo Gabriela Carrizo und Franck Chartier. Bei der Entwicklung ihrer unverwechselbaren Handschrift haben sich die beiden von ihrer Herkunft aus dem klassischen Ballett weit entfernt – und sind stattdessen beim Erfinden magischer Geschichten fündig geworden. So surreal verrückt, so grausam, zärtlich und hintergründig zugleich wie „Peeping Tom“ weiß oder wagt kaum jemand sonst in der zeitgenössischen Tanzszene auf der Bühne zu erzählen. So ist es kein Wunder, dass der Kultfaktor der in Brüssel beheimatete Company hoch ist – vor allem seit dem Erfolgsstück „32 rue Vandenbranden“.

Nun zeigte „Peeping Tom“ sogar eine waschechte Uraufführung, entwickelt als Koproduktion mit dem Pfalzbau. Wenn sich das Dreamteam Carrizo/Chartier des Themas Vater (auf gut niederländisch „Vader“) annimmt, dann darf man auf jede Menge Schrecken und Wunder gefasst sein. Und tatsächlich: Im Besucherraum des Altersheims, in dem das Stück spielt, reiht sich eine Überraschung an die andere. Und während die Insassen (darunter zehn Statisten) sich immer langsamer bewegen, geht es bei Heimleitung, Pflegepersonal, Besuchern und Bespaßungsakteuren umso hektischer zu. In der Kompanie gibt sind die unterschiedlichsten darstellerischen Qualitäten vertreten; höchst biegsame Tänzer, die in akrobatischen Verrenkungen über den Boden rollen; in Ehren ergraute Sänger und Entertainer, die dem ausgeklügelten Soundtrack noch die richtige Prise peinlichen Charmes hinzufügen.

Bette Davis hat das geflügelt Wort geprägt: Alt werden ist nix für Feiglinge. In „Vader“ kann man sehen warum: Weil hier im Altersheim noch die letzten Fetzen von Würde systematisch abgetragen werden, weil die Konflikte zwischen Eltern und Kindern niemals enden, weil das Pflegepersonal genauso gut meinend übergriffig agiert wie man es in seinen schlimmsten Träumen fürchtet, und weil auch Söhne altern und am Ende selbst in den Rollstuhl bugsiert werden...

Das alles wird mit Bravour gespielt, getanzt und gesungen, und den Zuschauern im Pfalzbau blieb erwartungsgemäß das Lachen ab und zu im Hals stecken; das Klatschen klappte dafür umso besser.
„Vader“ ist der erste Teil einer Trilogie, über Mutter und Kind will sich „Peeping Tom“ auch noch hermachen. Man darf gespannt sein!
 

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