Tänzerisches Tauwetter

Das Junior Ballett erobert das Opernhaus Zürich mit „New Creations“

Förderung des tänzerischen Nachwuchses hat Ballettdirektor Christian Spuck zur Chefsache erklärt. Für ihn ist es eine Herzensangelegenheit, auch selbst für das Junior Ballett zu choreografieren.

Zürich, 20/12/2014

Es ist eine Gefühlsregung, die den Zuschauer über den ganzen Abend hinweg begleitet: Staunen, ob der Reife und Professionalität, welche das blutjunge Ballettensemble auf die Bühne bringt. Die Förderung des tänzerischen Nachwuchses hat Ballettdirektor Christian Spuck zur Chefsache erklärt. Für ihn ist es eine Herzensangelegenheit, auch selbst für das Junior Ballett zu choreografieren.

In „Paysage obscure“ entwickelt Christian Spuck zum Adagio aus Franz Schuberts C-Dur-Streichquintett ein traumhaft düsteres Landschaftsgemälde. Er schickt die 13 Tänzerinnen und Tänzer auf eine Winterreise. Elfenhafte Erdenbewohner, welche die Welt um sich herum entdecken - fast so, wie wenn sie aus einem Winterschlaf unter der Erde erwachen. Ineinander verschlungen, kriechend und seitwärts schreitend erkunden sie mittels ihren Körpern neuartige Perspektiven und Blickwinkel. Eine Choreografie, die Elemente der Spuckschen Handschrift trägt. Doch ist sie mit einer Note versetzt, wie sie Zürich noch nie gesehen hat. Die obskure Choreografie wird zum Lichtblick.

Zwei weitere Uraufführungen hat der Ballettdirektor zwei gestandenen Tänzerpersönlichkeiten anvertraut. Eva Dewaele, seit dieser Saison Ballettmeisterin des Balletts Zürich, zeichnet mit „Passing By“ zu Musik von Glen Gabriel ein Stückchen der Realität der Juniortänzer. Die traumartigen Gestalten durchleben auf der Bühne Licht- und Schattenmomente. Es scheint, als ob sie dem nahenden Unwetter gemeinsam entgegentreten, entgegentanzen wollen.
Ballettsolist Filipe Portugal, der sein Talent als Choreograf schon mehrfach unter Beweis gestellt hat, erzählt in „Tauwetter“ von den Erfahrungen vieler Tänzer auf dem Weg vom klassischen Ballett zum Modern Dance. Die Ballerina auf der Bühne windet und verdreht sich, auf der Suche nach neuen Formen des Tanzes. Sie versucht auszubrechen aus dem Korsett des klassischen Tanzes und aus den Spitzenschuhen. Auf ihrer Reise nach neuen Erfahrungen nimmt sie die Zuschauer mit. Zu Musik von Philip Glass, Max Richter, Samuel Barber erzählt Choreograf Filipe Portugal in zauberhaften Bildern - zart und stark zugleich. „Tauwetter“ dreht sich um die Frage, die uns alle im Leben beschäftigt: Sollen wir am Vertrauten festhalten oder dieses gehen lassen, um Neues zu erfahren? Es scheint, als ob die Tänzerkörper sich wie Blumen entwickeln, erblühen und verwelken, um wieder von Neuem zu erblühen.

Der fünfteilige Ballettabend ist mit zwei Kabinettstücken angereichert: „Les Bourgeois“ ist ein Auszug aus dem Ballett „La Vie en Rose“, einer Hommage des belgischen Choreografen Ben van Cauwenbergh an den großen Chansonnier Jacques Brel. Die Musik begleitet die Zuschauer noch nach der Vorstellung in Ohr und Herz. Itzik Galilis „The Sofa“ ist ein witziges Stück, das von der Liebe handelt: Ein Mann, der weiß, was er will. Eine Frau, die weiß, was sie nicht will und einem Mann, der lieber Männer verführt. Beide Stücke brennen sich für immer in den Erinnerungsschatz des Zuschauers ein.

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