Wenn Roboter weinen lernen
Les Ballets de Monte Carlo mit „COPPÉL-I.A“ in Ludwigshafen
/img/redaktion/LeSonge.jpg Leicht, wie auf Flügeln geht es durch ein mythologisches Märchenland, den Zuschauern zum ästhetischen, erotisch gewürzten Ergötzen und Amüsement:
„Sommernachtstraum“ entzückt als Tanzvision auch den verbohrtesten Theatergrummel. Kein Wunder, dass es Versionen ohne Zahl gibt, „Le Songe d'une nuit d'été“ (Première: 27. Dez. 2005) ist eine davon, Jean-Christoph Maillot hat sie für seine Ballettkompanie „Les Ballets de Monte Carlo“ choreografiert, im Dezember 2005 herausgebracht und jetzt (2008) als DVD festgehalten. Maillot, ehemals Tänzer bei Neumeier in Hamburg, entwickelt das Mit- und Durcheinander der Paare Hermia-Lysander, Helena-Demetrius, Titania und Oberon (die Elfenkönigspaare) sowie Hippolyta und Theseus (Athens Herrscherduo) mit Verve. Schickt seine Tänzer/innen in einen scheinbar unaufhörlichen Bewegungsfluss.
Auf einer blanken Bühne mit einigen geometrischen Versatzstücken wie rollbaren Halbbögen, darüber einige Wolkenbögen, hier eine begehbare Rampe, dort eine schiefe Ebene, läuft das Hin und Her ab. Der Zugang zur Fläche ist offen nach allen Seiten, fast meint man den Wind pfeifen hören. Schmucklose Kostüme, mit den Namen der Personen dekorierte Trikots, in bläulichen Tönen, korrespondieren mit dem gleichfarbenen Bühnenlicht: Schöne Linien in klassischer Akzentuierung auf Spitze getanzt bilden die solide, wenig eigenständige Basis für Maillots dennoch temporeiche Produktion, die sich im Wesentlichen an Shakespeares Handlungsvorlage hält.
Für den Vorwärtsschub sorgt auch der energische Philippe Herreweghe am Pult des Orchestre de Champs Elysée, mit dem Choeur de la Chapelle Royale. Vorneweg düst der quirlige Puck immer wieder in einem motorisierten Blumenkelch umher und schießt aus einem obszönen Rüssel verzaubernden Blütenstaub über Menschen und Oberons Titania. Die schlängelt sich über den Boden, gibt sich moderat animalisch dem Handwerker Bottom, zum Esel verwandelt, hin, der sie mit einem Schwanz (Tau mit Quaste) und dazu gehörenden Entzückungslauten verwöhnt. Der erotische Funken mag dennoch nicht überspringen. Ihr Gatte Oberon, mit Bockshörnern versehen, ähnelt mehr dem Caliban in Shakespeares Sturm als einem Feenherrscher. So fehlt der eigentliche Kontrapunkt zu den Menschen. Den Handwerkern entzieht Maillot ihre Musikpassagen in der Ouvertüre und teilt sie den Solisten in einer Streitszene zu. Am Hofe päsentieren die Handwerker hemmungslos mit brachialer Komik Figuren à la commedia dell’arte in ihrem Drama über Pyramus und Thisbe zur grob gestrickten Musik von Bertrand Maillot. Schließlich übernehmen Oberon und Titania zusammen mit Puck wieder das Zepter und führen die Menschen wieder zusammen. Die ansehnlichen Tänzer/Innen überbrücken die choreografischen Durststrecken.
Tiefergehende Inspiration, die etwa das Profil der Figuren über den Typus hinaus schärft, ihnen mehr Individualität verleiht, taucht selten auf. Der Märchenzauber, der dem Stück anhaftet, stellt sich kaum ein, das Gemüt bleibt seltsam ungerührt. Aber es passiert genügend, um die Aufmerksamkeit wach zu halten. Deshalb ist Le Songe von Maillot - auch ohne Märchenzauber - nicht die schlechteste Art, Tanz entspannt zu genießen: Zu Weihnachten (schnell, schnell) oder im neuen Jahr ein nettes Geschenk.
Le Songe Von Jean-Christophe Maillot Les Ballets de Monte Carlo DVD 2008 ARTHAUS Musik
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