The Show must go on

Der Tanz im Kulturhauptstadtjahr

Köln, 03/03/2010

Kulturhauptstadt RUHR.2010. Theater der Welt 2010. Tanzplattform 2010. AGORA 2010. Zweite Biennale Tanzausbildung 2010. The Show must go on. Boomen die Kultur-Events oder die Event-Kultur? Hangeln wir uns nur noch von Event zu Event durch die Kultur (und den Tanz)? Zwar bescheren sie den Tanz-Fans eine Reihe zusätzlicher Aufführungen, aber gelobt seien die Kultureinrichtungen, die unabhängig von diesen Events mit Qualität und Kontinuität überzeugen.

Dass der Tanz in NRW und in der Ruhrlandschaft eine besondere Stellung im Kulturangebot hat, muss natürlich auch im Kulturhauptstadtjahr RUHR.2010 erkennbar sein. Also rüsten alle Tanz-Einrichtungen ihre Programme noch einmal zusätzlich mit Highlights auf. Im Zentrum von RUHR.2010 liegt Essen, liegen das Aalto Ballett Theater und das Choreografische Zentrum PACT Zollverein, das neben seinen professionellen Bildungs- und Ausbildungsangeboten schon immer mit einem ausgeprägten Veranstaltungsprogramm aufwartet. Das Aalto Ballett Theater steuert den Ballettabend „Lichtblicke“ bei, mit Tanzstücken von Patrick Delcroix und Edward Clug. Zum x-ten Mal geht es um „existenzielle menschliche Grunderfahrungen wie Liebe, Trennung, Verlust“. Das Thema ist ein offensichtlich nie veraltender Dauerbrenner. Aber kann sich das Ballett nicht auch einmal aktuelleren Fragen zuwenden?

Wie gut, dass ein paar Häuserblocks weiter bei PACT Zollverein die Choreografin Grace Ellen Barkey mit der Needcompany wieder einmal internationale Absurditäten, universelle Illusionen und kosmische Desorientierungen zu einer surrealen Gegenwelt montiert. Gerade erst in Brüssel uraufgeführt, ist das neue Stück „This door is too small (for a bear)“ bereits am 11. und 12. März in Essen zu sehen sein. Und für Ende März haben sich zwei Ausnahmekünstler, Tim Etchells und Meg Stuart, zu einem gemeinsamen Abend mit fünf Soloprogrammen bei PACT Zollverein verabredet.

„The show must go on“ - unter diesem Motto werden über 20 Tänzer auf der Bühne der Folkwang-Aula in Essen von einem DJ in Bewegung gehalten. Er legt die besten Hits der letzten 50 Jahre auf, von „Westside Story“ über Songs von David Bowie bis zu den Beatles und Lionel Richie. Die jungen Tänzer reißen das Publikum mit in einem Parcours der Emotionen, die die Pop-Welt zu bieten hat. Das Stück von Choreograf Jérôme Bel, 2001 in Paris uraufgeführt, wird die 2. Biennale Tanzausbildung 2010 in Essen eröffnen. In Seminaren wie auf der Bühne stehen 'Modelle der Rekonstruktion' zur Debatte. Bleibt zu hoffen, dass mit diesem vergleichenden Blick zurück endlich eine für den zeitgenössischen Tanz längst überfällige Werte- und Ästhetikdebatte angestoßen wird.

Leider hat die gerade abgeschlossene Tanzplattform 2010 mit ihrer Auswahl wieder einmal bestätigt, dass von dieser Einrichtung dazu keine Impulse erwartet werden können. Daran ändert auch die in der Zeitschrift „tanz“ öffentlich geleistete Abbitte der Plattform-Jurorin Melanie Suchy nichts, die sich in einem peinlichen Eiertanz hilfloser Erklärungsversuche verzettelt. Die Tanzplattform in dieser Form hat sich längst überlebt. Die Veranstalter merken es nur noch nicht.

Gegen das Bühnenprogramm von PACT Zollverein konkurriert auch in diesem Monat wieder das umfangreiche Angebot des Tanzhauses NRW in Düsseldorf. Zum diesjährigen Flamenco-Festival Ende März wird die 1. Liga des Flamenco auf der Bühne stehen. Olé. Ausgelassen, wild, provokant und irritierend geht es derzeit schon im Tanzhaus zu. Dort erobert gerade der kanadische Choreograf Dave St-Pierre mit Storys von Scham, Eifersucht, Begehren und Gewalt die Bühne. „La pornographie des âmes“, übersetzt so viel wie „Die entblößten Seelen" war schon 2008 im Tanzhaus zu Gast und wurde vom Publikum euphorisch bejubelt. Na dann: The Show must go on.

www.tanzhaus-nrw.de / www.pact-zollverein.de / www.theater-essen.de / www.folkwang-uni.de

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