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„Casa Azul“ - Marguerite Donlon auf der Spur der Malerin Frida Kahlo
Charismatische Kultfigur, und dank ihrer unkonventionellen Lebensweise und damenbärtigen Bisexualität auch Ikone des Feminismus, beschäftigen sich Schriftsteller, Filmer und Choreografen immer wieder mit Frida Kahlo (1907-1954). „Die Kunst der Frida Kahlo ist eine Schleife um eine Bombe“, charakterisierte der Surrealist André Breton die nett verpackte Sprengkraft der Malerin und politischen Aktivistin, die mit Diego Rivera verheiratet, mit Leo Trotzki liiert, mit Breton, Picasso, Siqueiros und Sergej Eisenstein befreundet war. 1984 erscheint Paul Leducs Filmportrait „Naturaleza viva“, 1994 choreografiert Johan Kresnik eine Hommage an „Frida Kahlo“, 2002 verkörpert Selma Hayek „Frida“ in der gleichnamigen Verfilmung.
Die jüngste Spurensuche titelt „Casa Azul“. Marguerite Donlon und ihr Saarbrücker Ensemble schöpfen dabei aus dem üppigen Fundus an Gemälden, Fotos, Tagebuchnotizen, Fremdbearbeitungen und Filmmusiken. Die Bühne (Ingo Bracke) in der Alten Feuerwache ist ein weißer Raum, links hinten das „Blaue Haus“, dessen aufklappbare Wände einen Blick ins Refugium der Künstlerin gewähren. Rechts vorn das Blaue Haus en miniature, von innen leuchtend, von oben mit feinem Sand berieselt. Drei mehrere Meter hohe weiße Schiebetüren ermöglichen - wie im japanischen Theater - elegante Auf- und Abgänge, dienen als Projektionsfläche für eine stilisierte Großstadt, einen abstrahierten Wald oder überdimensionale Schnittwunden.
Entlang der bewegten Lebens- und Leidensgeschichte zeichnet die Choreografin ein Porträt, vom tragischen Busunfall, der die 18-Jährige fast das Leben kostet und unzählige Operationen nach sich zieht, über die schicksalhafte Begegnung mit dem 21 Jahre älteren Rivera sowie ihre Affinität zum Kommunismus bis zum Liebesverhältnis ihrer Schwester zum Angetrauten (von dem sie sich scheiden lässt, kurz darauf aber erneut heiratet). Ausgelassenheit und Verzweiflung, Lebensfreude und Totentanz liegen in Mexiko nah beieinander, verdichten sich in der Person Kahlo, die Donlon, wie einst Kresnik, dreifach besetzt: als todgeweihte Kindfrau (Anna Altés Trenchs), als Braut und Liebende (Yamila Khodr) und als Leidende (Meritxell Aumedes Molinero).
Lateinamerikanische Rhythmen durchziehen das Stück wie ein roter Faden. Die Musikcollage aus Originalkompositionen (Claas Willeke) und archetypischen Liedern wie „La Llorona“ (die Weinende) kommen mal, dem Film-Soundtrack entlehnt, aus der Dose, mal werden sie live gesungen. Genial besetzt der Gitarrist und Sänger Héctor Zamora (in der Rolle Diegos), die spanisch singende Tänzerin Liliana Barros (als Chavela Vargas) sowie Alfredo Garcia González, der seine Tänzerkollegen mit Trommelfeuer anheizt. „Die gebrochene Säule“, „Zwei Akte im Wald“, „Der verletzte Hirsch“ oder „Ich bin ein armes Wild“ - der szenische Bilderbogen aus farbenfrohen präkolumbianischen Trachten (Kostüme: Markus Maas), turbulenten Gruppentänzen, empfindsamen Soli, Duetten und Trios knüpft eng an die surrealen Bildmotive an, gewinnt bei aller Sprungkraft jedoch nicht die anarchische Sprengkraft der „Gran Ocultadora", der großen Geheimnisträgerin, wie die Kahlo auch genannt wurde.
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