Tanz mir das Lied vom poppenden Korn

„Babel Fish Moves“ – Universal Movement Translations

Bremen, 29/05/2009

von Jaisha Laduch

Monica Antezana füllt die Bühne aus. Sie hält den Blickkontakt. Mit jedem von uns. Die aus Bolivien stammende Tänzerin trägt ihre dichten, dunklen Haare offen. Sie ist groß, und ihr figurbetonter Hosenanzug schimmert violett. Im Rahmen des Tanzfestivals XtraFrei zeigt die für ihre Solo-Performances bekannte Monica Antezana ihr Stück „Babel Fish Moves“. Darin ist sie nicht nur Tänzerin, sondern auch Choreografin, Technikerin und vor allem Entertainerin. Die Musik spielt eine zentrale Rolle. Lieder werden ineinander gemorpht. Ihr Auftritt beginnt mit dem Song „Say, Say, Say“ von Michael Jackson. Antezana liegt am seitlichen Bühnenrand, von der rechten Wand ragt ein Mikrofon mit Ständer in den Raum. Sie performt am Boden liegend eine Art Playback Show. Was ihre Lippen mitsprechen, wird erst deutlich durch ihre Körpersprache. Sie übersetzt dem Zuschauer den gesungenen Text.

Die verwendeten Musikstücke haben einen Bezug zur gesprochenen oder gelebten Sprache. Die Jackson Five mit „ABC“: über die Einfachheit von Sprache und Liebe. Die aus Indien stammende Britin M.I.A. fragt in „Jimmy“: „Are you coming, are you going? Are you leaving, are you staying“, was fast nach einer Aufforderung zu einer eindeutigeren Körpersprache klingt. Michael Jackson, „The Cock of Rock“: Monica Antezana schreibt ihm die Attribute eines Hahns zu. Sie schlüpft in seine Rolle und stolziert mit aufrechter Haltung zwischen den Ställen hin und her. Die eine Hand als Faust nach oben gestreckt, die andere im Schritt. Die Hühner kreischen.

Antezana bedient alle Bühnenelemente und Geräte wie den Beamer für Projektionen selbst. Im mittleren Teil kommt es zu einer Verschmelzung zwischen ihr und der Technik: Sie platziert eine Popcornmaschine auf der Bühne, holt ein Kabel heran und verbindet es mit der Maschine. Als Transmitter scheint die Tänzerin selbst zu funktionieren. Beide Kabel um ihren Bauch geschlungen, übersetzt sie, was die Popcornmaschine zu sagen versucht. Erst zaghafte, dann immer schnellere und ausladendere Bewegungen folgen dem poppenden Korn. Sie ist unsere persönliche Übersetzerin. Sie mag uns und wir mögen sie. Ihr Gesicht ist offen, mitunter neckisch. Ihre Bewegungen sind präsent, ausladend, und Bodenkontakt scheint selbstverständlich. Große Bewegungen werden durch gezielte Überspitzungen noch größer. Einige der Figuren führt sie unsauber aus; doch das unterstreicht nur den Kampf, den sie mit ihrer Energie zu führen scheint. Sie lässt Bewegungen aus ihrer Hand herauszittern. Sie stellt eine Gleichung mit den Variablen „body“, „instrument“ und „communication“ auf: Wesen nutzen Körpersprache, um zu kommunizieren.

Einziger Wermutstropfen: Antezana greift in diesem Stück immer wieder auf bereits Vorhandenes zurück, wie etwa den auf Youtube zu findenden Lehrfilm der BodyVox Dance Company, den sie fast eins zu eins übernimmt, dies aber nicht kenntlich macht. Dennoch legt Monica Antezana eine One-Woman-Show auf die Bühne, die nach mehr schreit – und das ist es, was an diesem Abend zählt. Das zunächst zaghafte Klatschen im Publikum deutet an, dass man noch nicht glauben will, dass alles schon vorbei sein soll. Doch die junge Tänzerin kommt nur zurück, um sich ihren wohlverdienten Applaus abzuholen. Was eine Fortführung des Stückes betrifft, scheint hier zu gelten: „Der gewünschte Gesprächspartner ist vorübergehend nicht zu erreichen.“

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