Mit Bachs Suiten auf in den Wind

Heinz Spoerlis Zürcher Ballett beschließt die Tanztage an der Oper

Köln, 25/06/2009

„In den Winden im Nichts“ – ein luftig leichter, aber auch rätselhafter Titel für einen Ballettabend der Extraklasse, der gestern wie ein frischer Wind durchs Kölner Opernhaus wehte, um dort das Nichts – das Fehlen der Ballettsparte in Köln – umso schmerzhafter empfinden zu lassen. Das Zürcher Ballett, das mit diesem Stück aus dem Jahr 2003 von Ballettchef Heinz Spoerli den Abschluss der Tanztage an der Oper bildete, beweist damit einmal mehr sein hohes tänzerisches Niveau und seine technische Perfektion.

Es ist ein Ballett ohne Handlung, aber voll purem Tanz, das sich ganz den Stimmungen der Violoncello-Suiten Nr.2, 3 und 6 von Johann Sebastian Bach hingibt und als Fortführung der Bach-Interpretationen zu sehen ist, die Spoerli 1993 mit seinen meisterhaften „Goldberg Variationen“ begonnen hat und 1999 mit „… und mied den Wind“ fortsetzte. Bachs „Musik zu visualisieren“ sei sein Anliegen, so Spoerli, und so findet sich im Programmheft viel über die Musik, aber kein Wort zum Ballett und der zugrundeliegenden Choreografie, die Spoerli, nicht unbescheiden, der Musik als „zusätzliche Dimension“ hinzufügen will.

Fantastisch, wie Claudius Herrmann die Solo-Suiten nacheinander ohne Unterbrechung spielt und soghaft steigert. Der Abend wird damit auch zu einem musikalischen Genuss. Spoerlis Choreografie bildet zwar ein in sich geschlossenes Ganzes, besteht aber aus ständig wechselnden Konstellationen von Soli und Duetten, von Trios und Gruppenformationen, die sich nicht zwangsläufig aus dem Verlauf ergeben, sondern immer wieder neu angesetzt werden. Getanzt wird im neoklassischen Stil, oft ergänzt von athletischen, manchmal etwas arg gestylten Elementen. Das bringt häufig Szenenapplaus, besonders wenn die bei Ballettfans beliebten Figuren wie Pirouette, Spagat oder Strecksprung technisch perfekt und rasend schnell abwechseln.

Mit seinem choreografischen Aufbau folgt Spoerli der Suite mit ihren wechselnden Tanzformen Allemande, Courante oder Gigue, die als höfische Gesellschaftstänze Eingang ins klassische Ballett gefunden haben, ohne dass er historisch würde. Sein Tanzstil bleibt in dieser klassischen Struktur frisch und modern. „In den Winden im Nichts“ ist ein stark männlich dominiertes Ballett. Steif wie Schaufensterpuppen werden die Frauen oft herum getragen, abgelegt und an Füßen von der Bühne geschleift. Den Männern dagegen widmet Spoerli eindeutig die schönsten Tanzsequenzen, voller Kraft, Dynamik, Stolz. Etwa das Männer-Trio in der Gigue der Suite Nr.3: ein wunderbares spielerisches Kräftemessen, lustvoll anzuschauen. Die Frauenriege dagegen schwingt wie das Friedrichstadt-Ballett in langer Reihe die Beine oder dient händeflatternd als Kulisse für ein kraftvoll-sprühendes Männer-Solo. Dazwischen darf man sich allerdings immer wieder an fein auf die Musik Bachs abgestimmte, fast leidenschaftlichen Duetten erfreuen, die manchmal von zwei Paaren parallel getanzt werden. Tosender Schlussapplaus. Insgesamt ein toller Abschluss der Tanztage.

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