Innehalten in einer Gesellschaft der Einzelgänger

Nikolaus Adlers „oedipus is complex“ beim Tanzfestival „Berührungen. Tanz vor 1939 - Tanz von heute“ im Odeon

Wien, 31/10/2008

Mit Nikolaus Adlers „oedipus is complex“, das am Mittwoch uraufgeführt wurde, endet heute das Tanzfestival „Berührungen. Tanz vor 1939 - Tanz von heute“ im Wiener Odeon. Ein gelungener Start mit der Öffnung des Odeons für eine neue Tanzinitiative unter der künstlerischen Leitung der KURIER-Kritikerin und Tanzhistorikerin Andrea Amort.

Mit ihrem Programm von 33 Vorstellungen, ergänzt von Filmen, Vorträgen, Workshops und geführten Spaziergängen zu Kulturstätten des 2. Bezirks, bewahrt Amort das kulturell bedeutende Erbe des österreichischen Tanzes am Beginn des 20. Jahrhunderts von Gertrud Bodenwieser bis Grete Wiesenthal vor dem Schicksal des Vergessenwerdens.

Ein Höhepunkt war ein Benefizabend für die in Wien geborene, 86-jährige Wera Goldman, die aus Israel anreiste und mit ihrem Tanz bis heute das Publikum begeistert. Wiener Choreografen widmeten ihr, die so viel über den Tanz in Wien vor 1938 zu vermitteln vermag, kleine Choreografien. Darüber hinaus regte Amort zahlreiche Vertreter der Tanzszene zur Auseinandersetzung mit dieser Tradition an. Die „Berührungen“ brachten nicht nur interessante Rekonstruktionen, sondern zeigten auch die Vielfalt der österreichischen Tanzszene basierend auf den Wurzeln des freien Tanzes in Österreich.

So integriert Nikolaus Adler den von Martina Haager rekonstruierten „Tanz mit dem Stab“ von Rosalia Chladek (1905-1995) in seine „oedipus“-Version, in der er Chladek folgend weitere Requisiten symbolisch in die Choreografie für drei Tänzerinnen und vier Tänzer fügt. Motive aus dem Ödipus-Mythos werden tänzerisch abgeklopft und mit Textzitaten und einer Musikcollage untermauert.

Adlers Choreografie fließt von Momenten des Innehaltens über skurrile Verzerrungen bis zu vielen dynamisch getanzten Szenen, wobei Einzelschicksale im Vordergrund stehen. Dabei werden nicht alle Rätsel gelöst - die Sphinx gehört schließlich auch zu Ödipus.

www.odeon-theater.at

Mit freundlicher Genehmigung des Kurier

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