Die Wahnsinns-Szene bleibt noch leer

„Giselle“ in der alten Inszenierung von Elena Tschernischova an der Staatsoper

Wien, 05/12/2008

Das Ballett der Staatsoper tanzt wieder „Giselle“ in der traditionellen, fünfzehn Jahre alten Inszenierung von Elena Tschernischova. Und verweist, unter dem passablen Dirigat von Andras Deri, damit auf einen der schönsten Stoffe: Mann von Stand verliebt sich in herzkrankes Mädchen vom Land. Die Folgen der Beziehung sind fatal: Die adelige Bathilde deckt das Verhältnis ihres Verlobten auf. Herzog Albrechts doppeltes Spiel treibt Giselle in den Wahnsinn. Sie stirbt und erscheint dem emotional erschauerten Geliebten im finsteren Wald. Was für ein herrlich symbolreicher Text, dessen Grund Heinrich Heine gelegt hat; der seit seiner theatralischen Umsetzung zum Modell eines romantischen Balletts geworden ist. Und der in seiner Bildhaftigkeit nur dann anrührt, wenn ein Ensemble sich über vorgegebene Formen hinauswagt: Durch den Tanz, durch jede Geste muss sich die Tragödie erzählen.

Mit zahlreichen Neubesetzungen wartet die Staatsoper nun auf. In der Titelrolle erstmals Maria Yakovleva: Sehr jung, sehr ängstlich und unausgereift ist ihre Giselle, die berühmte Wahnsinnsszene noch leer, dafür gäbe es Vorbilder, aber viele der notwendigen Anlagen sind da. An ihrer Seite sucht der ehrgeizige, um Richtigkeit und Perfektion bemühte Gregor Hatala der Rolle des Herzogs zu entsprechen. Gute Figur machten Kirill Kourlaev als intensiver und technisch guter Hilarion und Mihail Sosnovschi im Bauern-Pas de-deux, der seine Auftritte mit stürmischer Inbrunst hinlegt. Ausbaufähig ist die vorsichtige Myrtha von Marie-Claire D'Lyse, undankbar weil schwer ausbalancierbar sind die Rollen Moyna und Zulma, die von Alena Klochkova und Nina Polakova mit Respekt angegangen werden. Mehr erstarrt denn ausdrucksvoll: das Corps de ballet im zweiten Akt.

www.dasballett.at

Mit freundlicher Genehmigung des Kurier

Kommentare

Noch keine Beiträge