Freude schöner Tanzesfunken

Start der John-Cranko-Ballettwoche

oe
Stuttgart, 25/10/2007

Eigentlich schade, dass wir keine Königin mehr haben! Und so können wir nur neidisch nach Dänemark blicken, wo Königin Margarethe II. sich keine Gelegenheit entgehen lässt, gemeinsam mit dem Königlich Dänischen Ballett die Feste zu feiern, die die Kompanie in schöner Regelmäßigkeit dem Publikum von Kopenhagen und seinen Gästen aus der ganzen Welt ausrichtet. Im Großen Haus der Stuttgarter Staatstheater begnügten sich der Ministerpräsident und der Oberbürgermeister als Schirmherren des Festivals „Cranko Moves Stuttgart“ mit freundlichen Geleitworten im toll aufgemachten Programmbuch – wohl darauf vertrauend, dass die Stuttgarter im letzten halben Jahrhundert zu regelrechten Ballettfans herangewachsen sind, die auch ohne königlichen Segen ihre Vorstellungen feiern.

Und das taten sie denn auch am Eröffnungsabend mit „Der Widerspenstigen Zähmung“, dem eigentlichen Startschuss des Festivals zur nachträglichen Geburtstagsfeier anlässlich des Achtzigsten ihres Idols nach mancherlei marktschreierischem Vorgeplänkel. Wenn sie auch nach der Vorstellung nicht in das Massengehoppel des „Dance the Cranko“ ausbrachen, wie es sich der lokale Guinness-Sonderbotschafter vielleicht erhofft hatte, so war die Stimmung im Saal doch während der 135 Minuten durchgehend so „high“ wie in anderen deutschen Städten vielleicht gerade mal, wenn das Bolschoi-Ballett mit „Don Quixote“ gastiert.

Angemacht und wie gedopt durch die Publikumsbegeisterung katapultierten die Tänzer des Stuttgarter Balletts die Vorstellung in einen hochprozentigen Rausch der Emotionen und Leidenschaften, fußgekitzelt durch die elektrisierenden Stromstöße des Orchesters unter der Leitung von James Tuggle: Sue Jin Kang, die als Katharina ihrer Kratzbürstigkeit noch einen Extra-Schuss an Women‘s Lib Entschlossenheit versetzt zu haben schien, Filip Barankiewicz, der seinen Petrucchio mit noch mehr Macho-Power durch die Lüfte segeln ließ als gewohnt und seine Pirouetten am liebsten noch weiter gedreht hätte, wenn ihm die Musik nicht Einhalt geboten hätte. Und all die anderen, die kuscheligen, so wunderbare Reinheit ausstrahlenden Jungverliebten Elizabeth Mason und Marijn Rademaker als Bianca und Lucentio, die verschrobenen Gecken Alexander Zaitsev und Stefan Stewart als Gremio und Hortensio nebst ihren Gespielinnen Oihane Herrero und Heather Chin und all die anderen Bürger und Dienstleistenden aus Padua nebst den Faschingsjecken, die den 11.11. schon am 25.10. zu feiern schienen.

Und John Cranko sah freudestrahlend von Wolke sieben auf „seine“ ausgelassenen Stuttgarter – und wenn nicht aus überirdischen Höhen, so doch von den zahlreichen Fotos im Wandelgang, von denen es ruhig noch ein paar mehr hätten sein dürfen – auch von jener anderen Stuttgarter Fotografin, Madeline Winkler-Betzendahl, die seine Stuttgarter Jahre so getreulich begleitet hatte wie diese ganzen schwierigen Stuttgarter Theater-Neubeginnsjahre nach dem Krieg unter solchen Männern wie Erich Ponto, Bertil Wetzelsberger und Walter Erich Schäfer.

 

Kommentare

Noch keine Beiträge