Harte Männer mal äußerst sensibel

„Can Do Can Dance“, ein Tanzprojekt, das aus dem Rahmen fällt

Hamburg, 07/09/2006

Der eine liegt flach auf dem Bauch, der andere tritt ihm mit dem Fuß ins Kreuz. Doch der Getretene schreit nicht, stattdessen hilft ihm sein Gegner wieder auf die Beine. Friedliches Ende einer Schlägerei? Falsch, noch nicht mal Kampfsport, sondern eine Szene aus dem Tanzunterricht mit Royston Maldoom. Der Choreograf aus dem Erfolgsfilm „Rhythm is it“! arbeitet seit vergangener Woche in Hamburg, fünf Kollegen und er unterrichten (Rand)Gruppen von Senioren bis Grundschüler im Projekt „Can Do Can Dance“. Maldoom hat sich junge Männer ohne Schulabschluss vorgenommen. Mit ihnen will er in drei Wochen ein Stück Choreografie auf die Beine stellen, das sich im Malersaal des Schauspielhauses sehen lassen kann. Der Weg ist nicht nur steinig, er scheint vielmehr mit Felsbrocken verstellt.

„Ich red mit dir, also hau nicht ab! Wenn ich das mit dir mache, würdest du dich auch scheiße fühlen!“ Klar soweit? Josef Eder, Maldooms Assistenten, kann man gar nicht missverstehen, mit dem passenden Tonfall und der entsprechenden Lautstärke setzt er sich selbst im unübersichtlichsten Chaos durch. Denn die einfachsten Regeln von Kommunikation werden mit den einfachsten Tanzschritten gleich mit vermittelt. Sich gegenseitig zuzuhören oder die Arme nach jemandem auszustrecken - die eine Übung scheint so schwierig und neu wie die andere. Und mit aufgesetzter Coolness steht Mann sich halt selbst im Weg. Das weiß auch Royston Maldoom: „Viele haben Angst, aber das ist normal. So was braucht eben Mut.“ Dabei wurde niemand zum Tanzunterricht geprügelt.

Die Grone Schule („Grone Netzwerk Hamburg GmbH“ ist ein Lehrinstitut zur Aus- und Weiterbildung) versammelte eines Morgens ihre männlichen Schüler in der Aula; eine Lehrerin stellte das Projekt mit Royston Maldoom vor und die Teilnahme daran frei. Kaum jemand kannte den Film mit dem englischen Choreografen, aber ungefähr dreißig Freiwillige meldeten sich (und das nicht etwa, weil dann Mathe und Deutsch ausfallen, die Projektarbeit findet nach dem Unterricht statt)! Nach dem ersten Probentag waren es noch zwanzig, wie viele dann bis zum Ende durchhalten und auf der Bühne tanzen werden, bleibt eine Überraschung. So wie die Auswahl der Musik. Maldoom liebäugelt damit, ausgerechnet die Filmmusik aus dem Schwulenwestern „Brokeback Mountain“ mit Monteverdi zu kombinieren. Einige der jungen Männer dürften auch damit so ihre Probleme haben.

Es gehört eben eine besondere Sorte Mut dazu, die Rolle von Mr. Cool oder dem Tough Guy abzulegen, und nicht jeder glaubt, dass für ihn dabei etwas „rausspringt“. Einige der 19- bis 25-Jährigen verschiedener Nationalität riskieren jedoch was, bewegen sich allein quer durch den Raum, dem Gefeixe der Testosteron-Typen in der Ecke zum Trotz. Das Geheimnis liegt in der Mischung zwischen „uncoolen“ Umarmungen und bekanntem Kampfgehabe - wer treten kann, aber dem anderen danach die Hand reicht, schafft vielleicht noch viel mehr: Kannst du das, kannst du auch tanzen.

Info: Schauspielhaus, Malersaal, am 16.9. um 19.30, 17.9. um 11 Uhr

Zitat: „Viele haben Angst. Aber das ist normal. So etwas braucht eben Mut“ - Choreograf Royston Maldoom

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