„Ballett hat enorm viel mit Denken zu tun“

Simona Noja hat der Staatsoper den Rücken gekehrt

Wien, 16/09/2006

Es war doch ziemlich abrupt: Zum Ende der letzten Spielzeit an der Wiener Staatsoper kündigte Simona Noja ihren Rückzug an. Nach einem glanzvollen Debüt als Tatjana in John Crankos Klassiker „Onegin“, mit dem übrigens heute die neue Ballett-Spielzeit eröffnet wird, kehrte sie dem Haus am Ring den Rücken.

„Wie soll ich es beschreiben“, sucht die studierte Sprachwissenschaftlerin im KURIER-Gespräch nach einer Erklärung, „es gab für mich an der Staatsoper (unter der neuen Direktion von Gyula Harangozó, Anm.) einfach keine Inspiration mehr. Ich muss mich doch wenigstens willkommen fühlen. Das war nicht mehr der Fall. Da war mir klar, ich werde einen anderen Weg einschlagen.“ Auf dem Höhepunkt der Karriere einfach so Schluss machen? Noja: „Nein, ich werde auf jeden Fall weiter tanzen, aber nicht an der Staatsoper. Es liegen auch Einladungen vor. Aber im Moment konzentriere ich mich ganz auf die Eröffnung unseres Ballett-Zentrums.“ Ein Ort an dem profund und vor allem auch zeitgemäß klassisches und modernes Ballett Kindern und Erwachsenen, Amateuren und Profis mit Freude und Enthusiasmus vermittelt werden, fehlt nach Simona Nojas Ansicht. Im dritten Wiener Gemeindebezirk leitet die mehrfach preisgekrönte und international bekannte Ballerina ab 18. September ein gut ausgestattetes Zentrum, das neben vier großen Studios und den notwendigen Nebenräumen auch Platz für Pilates und Massage hat.

„Wir sind ein relativ junges Lehrer- und Tänzer-Team“, meint Noja, die mit ihrem Lebenspartner, dem derzeit als Gast an der Staatsoper auftretenden Solisten Boris Nebyla, den neuen Kompetenz-Ort ausgeklügelt hat. Freilich gibt sich die zuletzt beim Festival ImPuls Tanz als Pädagogin hervorgetretene Künstlerin mit einer gewöhnlichen Kurstätgkeit nicht zufrieden. „Wir offerieren neben Ballett auch Modern Dance, Jazz, Step, HipHop und Salsa. Ich möchte aber ab Herbst 2007 eine solide, achtjährige Grundausbildung für künftige professionelle Tänzer anbieten.“ Wobei jeder Lehrer seine Schüler wettbewerbsfähig ausbilden soll. Nojas großes Ziel: Das privat geführte Tanzhaus zu einer künstlerisch ersten Adresse zu machen, um letztlich eine staatlich anerkannte Schule zu werden.

„Das Wesentliche aber ist, auf welche Art und Weise Ballett und Tanz gelehrt werden“, so Noja. „Ich suche den Zugang zum Mentalen, über das Kopf-Verständnis zum Körper-Verständnis. Ballett hat enorm viel mit Denken zu tun. Es kann nicht sein, dass Kinder, die einige Jahre lang Ballett gelernt haben, gänzlich unfrei, steif und verschreckt agieren. Ballett ist eine wunderbare Kunstform, die von Kreativität aber auch Gesundheit geprägt sein soll. Und die zwar auf den überlieferten Formen aufbaut aber mit den Erkenntnissen von heute unterrichtet werden muss.“ Was aus dem neuen „dance arts“-Zentrum alles werden kann? Noja: „Durchaus auch ein Ensemble, das eigene Abende tanzt.“ 

Mit freundlicher Genehmigung des Kurier

Kommentare

Noch keine Beiträge

Ähnliche Artikel

basierend auf den Schlüsselwörtern