Im Lustgarten der Liebe

Angelin Preljocajs „Le Parc“ jetzt auch als DVD

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Stuttgart, 15/09/2006

Dies ist sicher eins der intelligentesten Mozart-Ballette, und sein Erscheinen auf DVD markiert einen der tänzerischen Höhepunkte im Mozart-Jubiläumsjahr. „Le Parc“ kreierte Angelin Preljocaj als Siebenunddreißigjähriger 1994 für das Ballett der Opéra de Paris, mit Isabelle Guérin und Laurent Hilaire in den Hauptrollen. 2000 studierte er es an der Deutschen Oper Berlin ein – mit Margaret Illmann und Yannick Boquin – damals in der von Gerhard Brunner, dem Ballettbeauftragten des Senats, genährten Hoffnung, ihn in der Nachfolge von Richard Cragun als Ballettchef für Berlin gewinnen zu können. Daraus wurde dann trotz des enormen Erfolgs von „Le Parc“ im Haus an der Bismarckstraße nichts.

Die DVD-Version entstand 1999 mit der Originalbesetzung, in den Décors von Thierry Leproust und den Kostümen von Hervé Pierre, dirigiert von Stéphane Denève, mit den elektronischen Klangmontagen von Goran Vejvoda, in der Video-Aufzeichnung von Denis Caiozzi (auf Bel Air Classiques BAC009, 103', inklusive ein 10-Minuten-Interview mit Preljocaj). „Le Parc“ ist ein sehr französisches Ballett, voller geheimnisvoller literarischer Anspielungen zwischen Choderlos de Laclos, Madame de la Fayette, Marivaux und Stendhal – ein Verwirrspiel der Liebe im Labyrinth der Leidenschaften zu einzelnen Sätzen von Mozart, mit elektronischen Klangeinblendungen, die von vier mysteriösen Ledermännern im schwarzen Sadomaso-Look mit dunklen Designerbrillen zelebriert werden – Hells Angels, die als Gärtner fungieren. Die Liebespaare in üppigsten Rokokokostümen – wenigstens am Anfang – üben sich zunächst im steifen zeremoniellen Umgang, lockern sich dann in spielerischen Annäherungen, gehen in stürmische Besitzergreifungen über, heftige Abwehrreaktionen, endlose Kussverknüpfungen, traumhafte Visionen und reihenweise Ohnmachtsanfälle. Das ist alles so raffiniert in der Schwebe gehalten, dass man sich nie sicher ist, ob es nun ernst gemeint oder nur gespielt ist.

Jedenfalls hat Preljocaj das als ein höchst elegantes amouröses Quiproquo choreografiert, auf Spitze, in Schläppchen, auch barfuß und auf allen Vieren – neunzig Minuten Tanz in allen Aggregatzuständen der Leidenschaft, ungemein sophisticated – von den Tänzern des Pariser Opéra-Balletts mit Hochspannung und Pikanterie aufgeladen, mit Isabelle Guérin als legitimer Erbin der Princesse de Clèves und Laurent Hilaire als ein sehr moderner, alle Strategien der Liebe virtuos handhabender Vicomte de Valmont. Ach wäre doch Mozart bei seinem langen Aufenthalt in Paris nicht Noverre, sondern Angelin Preljocaj begegnet!

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