Verleihung des Internationalen Movimentos TanzPreises 2004

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Wolfsburg, 26/05/2004

Großer Bahnhof bei der Gala zur Verleihung des Internationalen Movimentos TanzPreises 2004. Das Theater im Kraftwerk mit seinen gut tausend Plätzen ausverkauft (wie an fast allen diesen Abenden). Das Publikum: auffallend elegant. Stimmung: spannend erwartungsvoll. Überall Fernsehkameras für die am Sonntag (um 19 Uhr) vorgesehene TV-Sendung bei Arte, das ja zusammen mit dem Vorstand von Volkswagen und dem ZDF (3Sat) zu den Sponsoren des Festivals gehört. Weswegen dieser Preis ausnahmsweise auch dotiert ist: 40.000 Euro für den Hauptpreisträger und je 10.000 für die einzelnen Künstler.

Ich bin voller Bewunderung für das hoch professionelle Management des ganzen Unternehmens – bin mir allerdings auch darüber im Klaren, was das für Kosten verursacht. Demgegenüber nehmen sich unsere sonstigen Tanzfestivals doch ziemlich kleinkariert aus. Aber die sind natürlich auch wesentlich bescheidener ausgestattet. Immerhin: großer Respekt, mit welch einem Professionalismus hier ein Tanzfestival aus dem Boden gestampft worden ist. Der Erfolg spricht für sich. Movimentos hat die Chance, zum Cannes des Tanzes zu werden! Die üblichen Reden, Laudationes und Danksagungen – die Textbeiträge erfreulich kurz (Anweisung an die Laudatoren: 75 Sekunden!). Maurice Béjart, ausgezeichnet für sein Lebenswerk, war erkrankt und ließ sich entschuldigen. Die große Enttäuschung für alle. Michel Gascard verlas einen Brief von ihm. Na ja!

Ebenfalls nur filmisch ausschnittsweise vertreten waren Alina Cojocaru (Beste Tänzerin) und Akram Khan (Bester Nachwuchskünstler – demnächst in Ludwigsburg). Der Preis des Besten Nachwuchskünstlers wurde zweimal vergeben. Der zweite Preisträger eröffnete den Reigen der tänzerischen Beiträge mit seiner Kompanie Käfig: Hip-Hop in Reinkultur, künstlerisch sublimiert, ohne die mindeste Einbuße an tänzerischer Vitalität – eine veritable Sensation! Vor der Pause dann noch der Finne Tero Saarinen, ausgezeichnet als Bester Tänzer, mit „Hunt“ – ein Solo zu Strawinskys komplettem „Sacre“ – höchst beeindruckend eigenwillig, stilistisch total eigengeprägt – im zweiten Teil (zu lang) mit skurrilen Projektionen auf seinen Körper – eine ganz und gar originelle Art von Cinechoreografie.

Nach der Pause dann noch der allenthalben viel diskutierte Sidi Larbi Cherchkaoui (Beste Choreografie) mit Ausschnitten aus seinem Stück „Loop“ – ein Multi-Kulti-Mix, das sich als Brückenschlag zwischen Orient und Okzident, zwischen Historie und Gegenwart versteht – ein Crossover-Produkt und als solches topaktuell. Nicht unbedingt My Cup of Tea! Und zum Schluss noch der große Guru des zeitgenössischen Balletts höchstpersönlich, der Meister aus Lausanne, wenn auch nur auf der Leinwand und per Brief. Mit seinem „Bolero“, getanzt von den 24 Männern des Tokyo Ballet, in der All-Male-Version, mit dem fulminanten Octavio Stanley in der Hauptrolle (ein wiedererstandener Jorge Donn?) – so lawinenhaft bedrohlich gesteigert wie eh und je. Béjarts unverhohlenstes Bekenntnis zur Man Power des modernen Balletts. Super! Ein toller Abend!

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