Lior Lev, Eric Gauthier und „The RoyalteaSe“

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Ludwigsburg, 08/03/2003

Ein bisschen mehr Meeting hätt´s schon sein dürfen beim „Dance Meets Music“-Treffen in der Ludwigsburger Karlskaserne, zu dem Lior Lev, Eric Gauthier mit ein paar Tänzerkollegen und der Band „The RoyalteaSe“ eingeladen hatten. Dass Tanz und Musik einander treffen, ist ja eher die Normalität (und wenn sie einander verfehlen, was ja sogar bei Chopin und Fokine vorkommen soll, geschweige denn bei unseren Revoluzzern vom Schlage Wherlock, Godani und Forsythe, reagieren wir Altvorderen aus der Vor-68er-Generation eher pikiert). Denn die Personenkonstellation dieses Abends hatte ja doch hoffen lassen, dass die beiden Tänzer, Lior Lev und Eric Gauthier zusammen mit der von Gauthier als Leadman dominierten Band „The RoyalteaSe“ eine Show arrangieren würden, in der die Funken zwischen Tänzern und Musikern nur so hin und her fliegen würden und die einen die anderen zu immer tolleren Improvisationen herausfordern würden – wie in einer richtigen Jam-Session.

Dazu aber kam es nicht. Und so hatten wir vor der Pause eine Tanz-Performance mit Choreografien von Lev, Ben van Cauwenberg (mit dem Solo „Le Bourgeois“ für Gauthier und seinen nonchalanten Garçon-Charme alles andere als „bürgerlich“ und jedenfalls der Hit des Abends) und Rolando D´Alesio (das Duo „Comme neve al sole“ für zwei Tango-Schlurfer, in dem Alicia Amatriain und Marijn Rademaker vorführen, was man so alles mit seinen Stretch-Hemden anstellen kann) – und nach der Pause dann eine Session mit Gauthier und seiner Band (Rainhardt Albrecht, Christoph Sauer, Rod Vandenstraeten und Jens Abele) um Gauthier als Songwriter, Sänger und Gitarrist, mit dem bei solchen Performances üblichen Herumgekaspere für das man erst noch einen Namen erfinden müsste (wie wär´s mit „stagecentrics“?), das aber mit Tanz auch im weitesten Sinn kaum etwas zu tun hat.

Das beeinträchtigte die Stimmung aber überhaupt nicht, zumal da alle im Publikum beschlossen hatten, high zu sein – und Eric und seinem Charisma zu widerstehen, ist einfach unmöglich: ob er nun tanzt, dichtet (na ja), komponiert, singt oder Gitarre spielt: alle lieben Eric (und ich persönlich den Tänzer noch ein bisschen mehr als den Pop- und Rockpoeten).

Lior Lev bevorzugt eher eine andere Art von Begegnung nämlich die zwischen Tanz und Video. Und so eröffnete er das Programm mit dem Duo „A Game“, in dem die beiden Tänzer Sabrina Russo und Marijn Rademaker aus ihren abweisenden Schattenspielen schließlich richtig schön harmonisch live zueinander finden. Zwei weitere Filme von ihm beließen es bei rein virtuellen Existenzen: „Tumana“ mit der Tänzerin Liz Steiner als eine Erkundung vornehmlich ihrer Füße (und Beine) und Hände (und Arme) und „Space of Mind“, der uns einen Blick ins Bewusstsein des Tänzers Leo Mujic bei einem Spaziergang durch Istanbul erlaubt. Zu einer richtigen Spaltung kommt es dann in „No Exit“, das Lev als Tänzer mit seinem Video-Alterego konfrontiert, eine Peter Schlemihl-, beziehungsweise Jekyll and Hyde-Variante, die nicht nur durch sein geschmeidiges Motionsvokabular beeindruckt, sondern durch die perfekte Synchronisation realer und gefilmter Bewegungsabläufe. Dass er auch ganz anders kann, beweist er dann mit seinem „Du-Or“-Duo für sich selbst und Gauthier, das angeblich mit den beiden Schwestern Fiordiligi und Dorabella aus Mozarts „Così fan tutte“ zu tun hat (und zu deren Duett „Ah, guarda, sorella“ getanzt wird) – ein Kabinettstück grotesker Slapstick-Komik, choreografiert bis in die tanzende Gesichtsmimik.

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