Hamburg Ballett in St. Petersburg

Ein Nachwort

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Stuttgart, 08/10/2003

Vom 8. bis zum 16. Juli 2003 gastierte das Hamburg Ballett mit John Neumeiers „Nijinsky“, „Die Möwe“ und „Die Kameliendame“ in acht Vorstellungen im St. Petersburger Mariinsky-Theater (siehe http://www.tanznetz.de/koegler/koegler.phtml?type=3&aid=230&tid=16874 und folgende) – ein einmaliges Höhepunktereignis der deutschen Tanzgeschichte. Das Echo in den deutschen Tageszeitungen: gleich Null. Inzwischen sind die Oktober-Ausgaben der beiden seriösen deutschen Tanzzeitschriften erschienen. Auch dort keine Meldung, kein Kommentar – übrigens auch nicht in den englischen Zeitschriften „Dancing Times“ und „dance now“, die beide schon im September über das nach den Hamburgern stattgefundene Gastspiel des englischen Royal Ballet in Moskau und die Ballett-Events anlässlich des dreihundertjährigen Jubiläums von St. Petersburg berichtet haben.

Wie ist das zu erklären? Mit dem generellen Desinteresse der deutschen Feuilleton-Chefs am Ballett? Aber die beiden deutschen Tanzzeitschriften, von denen die eine sogar behauptet, „europe´s leading dance magazine“ zu sein – auch dort nicht einmal eine Vollzugsmeldung? Liegt es möglicherweise an der Presseabteilung des Hamburg Balletts, die im Vorfeld versäumt hat, die deutschen Redaktionen mit Nachdruck auf die exzeptionelle Bedeutung dieses Gastspiels hinzuweisen – und die es bis heute nicht geschafft hat, den Journalisten einen Überblick über die in der russischen Presse erschienenen kritischen Reaktionen zur Verfügung zu stellen? So sehr die deutsche Tanzszene auch in den letzten Jahrzehnten aufgeholt hat und international konkurrenzfähig geworden ist, so sehr hinkt die deutsche Tanzpublizistik in der Berichterstattung den aktuellen Ereignissen hinterher. Vielleicht sollten wir ja unsere englischen und amerikanischen Kollegen darum bitten, uns auf diesem Gebiet die dringend erforderliche Entwicklungshilfe zu leisten.

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