Fritz Höver zum 80. Geburtstag

Eine Stuttgarter Ballettinstitution

Stuttgart, 27/11/2001

In den Foyers und Ballettsälen der Welt ist Fritz Höver so bekannt wie der berühmte „bunte Hund“. Dieser weißhaarige Mittsechziger, der, elegant sein Spazierstöckchen schwingend, durch die Zuschauermengen wuselt, auf der Suche nach irgendjemandem, dem er irgendetwas wichtiges mitzuteilen hat und der, während er es ihm mitteilt, schon dem nächsten bedeutet, er möge doch bitte ein Momentchen warten, er müsse ihm noch dringend... - das ist Fritz Höver, erstens seit ihrer Gründung im Jahre 1958 Vorsitzender der Stuttgarter „Noverre-Gesellschaft - Freunde des Balletts e.V.“ und zweitens Ballettinstitution in Person.

Höver, im rheinischen Euskirchen geboren und studierter Volkswirt, erlag schon als junger Mann dem Zauber des Theaters und nach und nach vor allem dem das Tanzes. Im zweiten Weltkrieg schwer verwundet, verschlug es ihn bald nach Stuttgart, wo er seit der Wiederaufnahme des Ballettbetriebes von Anfang an mit dabei war. Nicht aber das Publikum, das sich mit dem Bühnentanz anfangs nicht anfreunden mochte. Dem sollte die Noverre-Gesellschaft abhelfen, die bereits unter John Crankos Vorgänger Nicholas Beriozoff mit ihrer Arbeit begann, zunächst lehrreiche Demonstrationen der Hintergründe und der Technik des Ballett anbot, sich aber bald als ein Forum für den begabten Choreografen-Nachwuchs verstand. Inzwischen sind die alljährlichen, beim Publikum sehr beliebten Workshops „Junge Choreografen“ ein unverzichtbarer Bestandteil des Stuttgarter Ballettlebens geworden und Vorbild für zahlreiche ähnliche Veranstaltungen in aller Welt. Es hieße nachgerade Eulen nach Athen zu tragen, erneut alle jene Größen des Tanzes zu nennen, die unter Fritz Hövers Fittichen ihre ersten kreativen Schritte unternommen haben: John Neumeier, William Forsythe, Jiri Kylián, Uwe Scholz, Daniela Kurz, Renato Zanella, Pierre Wyss und viele andere, die heute maßgeblich das internationale Ballettleben mitbestimmen. Höver ist auf diese seine „Kinder“, mittlerweile schon „Enkel“, selbstverständlich über die Maßen stolz. Nicht dass er glaubte, er hätte sie „gemacht“, aber dass er, oft bevor sie es selbst bemerkten, ihr Talent erkannt und dass er sie nach Kräften gefördert hat, darauf stolz zu sein, hat er in der Tat allen Grund. Das Bundesverdienstkreuz, der Deutsche Tanzpreis und der John-Cranko-Preis sind nur die wichtigsten Ehrungen, mit denen das unermüdliche Engagement Fritz Hövers gewürdigt worden ist.

Die Stuttgarter Ballettdirektoren wussten und wissen sehr wohl zu schätzen, in welch außerordentlichem Maße sie von Höver unterstützt wurden und werden. Und so sind sie alle seine engen und dankbaren Freunde geworden, Nicholas Beriozoff, John Cranko, Glen Tetley, Marcia Haydée und Reid Anderson. Fritz Höver denkt Ballett, redet Ballett, handelt Ballett. Ihn geht alles etwas an, es könnte ja sein, dass seine Hilfe gebraucht würde, was oft genug der Fall ist, es könnte ja sein, dass er etwas regeln könnte, mit seinen weltweiten Verbindungen, was ebenfalls oft genug der Fall ist. In seinem hübschen kleinen Haus in der Stuttgarter Benckdorffstraße bewohnt Höver vor allem ein großes, geschmackvoll mit Antiquitäten eingerichtetes Zimmer, umgeben von Ballettbüchern, Ballettvideos und Platten mit Ballettmusik, von hier aus knüpft er seine Fäden ermuntert, erinnert, hakt nach, ermöglicht. Unnötig zu sagen, dass das vordere Haus, das ihm ebenfalls gehört, von Tänzern bewohnt wird. Es wird Zeit, zu verraten, dass der virile, vor Energie und Tatendrang berstende Mittsechziger heute seinen 80. Geburtstag feiert. Herzlichen Glückwunsch.

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