Fo(e)rderungen
Deutscher Tanzpreis 2023 mit Barcamp in Essen
Es wurde aber auch höchste Zeit! Immerhin gibt es den Deutschen Tanzpreis seit 1983, und so war es denn mehr als überfällig, ihn endlich einmal einem Komponisten zukommen zu lassen: Hans Werner Henze, der im Juli seinen fünfundsiebzigsten Geburtstag feiert und sich – so die Begründung – „unschätzbar für den deutschen künstlerischen Tanz verdient gemacht hat“.
Auch wenn er sich wohl kaum „für“, sondern doch wohl eher „um“ den Tanz verdient gemacht hat, so sei er ihm von Herzen gegönnt – selbst wenn die letzte große Henze-Balletturaufführung schon wieder zweiundzwanzig Jahre zurückliegt: sein 1979 von William Forsythe in Stuttgart herausgebrachter (und seither nur wenige Male neuinszenierter) „Orpheus“.
Es gibt allerdings zu denken, dass Henze, der in allen anderen Gattungen ja auch danach noch bedeutende Werke geschaffen hat und weiter schafft, seither nichts mehr für das Ballett komponiert hat. Insofern muss davor gewarnt werden, ihn bei den am 15. September im Essener Aalto-Theater bevorstehenden Laudationes den großen, international renommierten Ballettkomponisten des zwanzigsten Jahrhunderts zuzurechnen. Man braucht ihn nur mit Strawinsky oder Prokofjew zu vergleichen, um zu erkennen, wie relativ bescheiden sein Beitrag zum Weltrepertoire des Balletts geblieben ist, in dem selbst die von Frederick Ashton mit Margot Fonteyn 1956 in London uraufgeführte „Undine“ nur eine Randrolle spielt – und „Orpheus“ überhaupt keine.
Umso mehr freuen wir uns freilich, dieser avanciertesten von allen Henzeschen Ballettkompositionen bei der Preisverleihung in Essen endlich einmal wieder zu begegnen – in einer Inszenierung von Heinz Spoerli, mit Raimondo Rebeck als Orpheus und Margaret Illmann als Eurydike. Als Nachgedanke drängt sich die Frage auf, warum Forsythe, der mit dem Stuttgarter „Orpheus“ seinen entscheidenden Karrieredurchbruch hatte, das Ballett später nie wieder neuinszeniert hat. Wie sähe es wohl heutzutage aus, wenn er sich entschließen würde, es neu zu choreografieren? Doch bei einem „Orpheus 2001“ würde sein musikalischer Kollaborateur wohl eher Thom Willems heißen.
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