„TIM ACY” von Antje Pfundtner

„TIM ACY” von Antje Pfundtner

Vom Anfang und Ende und dem, was bleibt

Ein Gespräch mit der Hamburger Tänzerin und Choreografin Antje Pfundtner

Ende Januar entschied die TANZPAKT-Jury die Kompanie „Antje Pfundtner in Gesellschaft“ mit ihrem Projekt „Teilgesellschaften“ von 2018 bis 2021 zu fördern. Ein Gespräch über Pfundtners Pläne und ihre Tanz-Trilogie „Melancholie“.

Hamburg, 26/06/2018

Ende Januar entschied die TANZPAKT-Jury, neben sieben anderen Projekten auch die Hamburger Kompanie „Antje Pfundtner in Gesellschaft“ mit ihrem Projekt „Teilgesellschaften“ von 2018 bis 2021 zu fördern. Bereits 2012/13 und erneut von 2015-2018 erhielt Antje Pfundtner als erste Choreographin die Konzeptionsförderung der Hamburger Kulturbehörde. 2016 wurde ihr der mit 20.000 Euro dotierte George-Tabori-Hauptpreis verliehen. Sie habe sich „seit vielen Jahren durch die kontinuierlich hohe Qualität ihrer Tanztheaterproduktionen als eine der herausragenden Tanzpersönlichkeiten der Republik ausgezeichnet“, begründete die Jury damals ihre Wahl. Dank der Stadt-Land-Bund-Förderung TANZPAKT kann sich „Antje Pfundtner in Gesellschaft“ jetzt strukturell konsolidieren, die interne Gesellschaftsstruktur ausbauen und neue Stücke kreieren. Die Hamburger tanznetz-Korrespondentin Annette Bopp sprach mit Antje Pfundtner über ihre Pläne und ihre Tanz-Trilogie „Melancholie“.


„Alles auf Anfang“ ist Teil einer Trilogie, die im Dezember 2016 mit „Ende“ begonnen hat und 2019 durch ein drittes Stück komplettiert wird. Was hat Dich zu dieser Trilogie angeregt, wie kam es dazu?

AP: Die Trilogie beschäftigt sich mit dem Thema der Melancholie, wobei ich mich an dem gleichnamigen Kupferstich von Dürer orientiert habe. Es gibt ja unzählige Interpretationen zu diesem Kupferstich, u.a. auch über die Figur des gefallenen Engels. Und ich habe mich gefragt: Worauf schaut der eigentlich?

Wie bist Du auf dieses Dürer-Bild und das Thema Melancholie gekommen?

AP: Ich produziere jetzt seit 17 Jahren in Hamburg und auf Kampnagel. Doch obwohl wir in Hamburg schon so lange präsent sind, bleibt die Frage nach der Kontinuität immer bestehen – wie und ob es mit unserer Arbeit weitergeht. Seitens der Kulturbehörde gab es vor ein paar Jahren eindeutige Zeichen, dass die Stadt niemand aus dem zeitgenössischen Bereich übernehmen würde, also jenseits der bestehenden Förderinstrumente. Aber ich hatte die Chance, mich ein zweites Mal auf die Konzeptionsförderung zu bewerben und habe sie dann auch bekommen. Bei unserem ersten Antrag ging es stark um die Identitätsbildung von „Antje Pfundtner in Gesellschaft“. Wie arbeitet eine freie „Kompanie“? Was ist ihr Verhältnis zur Institution, in der sie Gast ist? Und wie kann sie selber zum Gastgeber für andere KünstlerInnen und Ideen werden? In diesem Zeitraum haben wir neben den Bühnenstücken auch andere Formate entwickelt. Zum Beispiel das „Archiv der Aufführungen“, wo der Zuschauer als Archivar thematisiert wird. Für die zweite Antragstellung wollten wir den Schwerpunkt nochmal mehr auf die Bühnenstücke lenken. Die Idee oder die Frage der Gastgeberschaft beschäftigt uns noch immer, dennoch wollten wir für die zweite Runde den Blick mehr auf die Bühne lenken: Wo steht die künstlerische Arbeit nach 16 Jahren? Was sind die wiederkehrenden Themen? Und die sind eben unter anderem Identität, Abwesenheit, Vergänglichkeit – und die Melancholie als Oberbegriff.

Dabei ist Deine Arbeit ja immer wieder auch sehr humorvoll...

AP: Humor hat für mich immer etwas Melancholisches! Melancholie ist für mich nicht nur etwas Trauriges oder Sentimentales, sondern auch ein produktives Innehalten. Dieses produktive Element der Melancholie war Kern der Antragstellung und wurde von uns sowohl künstlerisch wie auch politisch hinterfragt: Kann man es sich leisten, innezuhalten, um nachzudenken, zu reflektieren? Dieser Engel hält ja inne. Ich habe mich dann selbst in dieses Bild projiziert und den Platz des Engels eingenommen, um zu behaupten: Ich blicke auf den Anfang und das Ende und frage mich: Was ist, wenn sie gar nicht existieren? Oder wenn man beides weglässt? So entstand – grob umrissen – die Idee zur Bühnen-Trilogie: ein Stück über das ENDE, eines über den ANFANG und ein letztes Format „ohne Anfang und Ende“, das im Herbst 2019 auf Kampnagel in Hamburg Premiere haben wird. Die an die jeweiligen Bühnenstücke gekoppelten Rechercheprojekte machen wir weiterhin transparent, aber nicht mit einem so großen Auftritt wie wir das früher bei anderer Gelegenheit gemacht haben.

Was gab es da für Rechercheprojekte?

AP: „Ende“ hatte einen sehr vielschichtigen Rechercheverlauf. Es gab einen Thinktank mit KünstlerInnen in Dresden im Zentralwerk, wo ich die Gastgeberin für dieses Thema sein konnte. Es galt als eine Art Initialzündung, weil alle teilnehmenden KünstlerInnen zu diesem Thema arbeiten wollten. Später spielte „Ende“ auch bei unserem Co-Produzenten in Hellerau, und bei dieser Gelegenheit hat mich das Zentralwerk Dresden eingeladen, an ihrem Ausstellungsformat „Sichtbetonung“ teilzunehmen, wo ich zusammen mit der Filmemacherein Barbara Lubich ein Projekt gemacht habe, das ebenfalls aus dem Rechercheprozess zu „Ende“ entstanden ist: Wir suchten über das Tanz-Transition-Zentrum Deutschland TänzerInnen, die uns ihre letzten Schritte auf der Bühne schenkten, damit sie vor ihrem Ende bewahrt werden oder einen neuen Anfang bekommen. Wir haben diese TänzerInnen zu ihrer Entscheidung, letzte Schritte zu gehen, interviewt und die Übergabe dieser letzten Schritte an uns filmisch dokumentiert. Dann haben sie ihre letzten Schritte noch einmal für die Kamera getanzt und sind nach einer selbstgewählten Weile aus dem Bild getreten. Das war sehr berührend. Diese TänzerInnen waren nicht unbedingt die bekanntesten Ikonen aus ihrem künstlerischen Bereich, es waren TänzerInnen-Persönlichkeiten, die aus verschiedenen Gründen aufhören mussten oder wollten. Daraus entsteht übrigens jetzt gerade ein eigenes Projekt: eine performative Installation „Letzte Schritte“, die wir u.a. auch im Januar 2019 auf Kampnagel präsentieren werden.

War das das einzige Rechercheprojekt?

AP: Nein, wir hatten noch ein Treffen mit Experten für das alltägliche Ende: Sterbebegleiter, Leute, die in Clubs arbeiten, die Party-Nächte beenden, solche Dinge. Wir arbeiten bei der Recherche oft mit Gästen, die wir themenbezogen einladen: zu einem Gespräch, einem Interview, einem Workshop. Jedes Projekt hat sehr viele Stränge an Unterprojekten. Aus diesem weitläufigen Interesse und den dazugehörigen Dialogen bildet sich unsere Arbeit. Das ist schon seit vielen Jahren so. Es ist immer wieder der Gedanke des Einladens und des Austauschs.

Warum hast Du ausgerechnet mit „Ende“ angefangen?

AP: Das wollte ich von Anfang an! Ich glaube ja an beides nicht, weder an das Ende noch an den Anfang. Dennoch fand ich es passend, mit dem Ende zu beginnen, weil es für mich eigentlich nicht existiert und deshalb eine schöne Eröffnung ist für das Thema Melancholie. Es ist ein sehr ruhiges Stück geworden, mit einem beeindruckenden Bühnenbild, für das ich mit den bildenden Künstlern Irene Pätzug und Marc Einsiedel zusammengearbeitet habe. Sie haben eine riesige Rampe gebaut, das war ein richtiger räumlicher Eingriff auf der Kampnagel-Bühne K1, bis hinein in die Tribüne. Wir haben diese Rampe aber kaum genutzt, und viele Leute fragten sich, warum. Es ging uns nur um ihre Anwesenheit. Sie war ja enorm groß und hatte eine starke Präsenz und Macht im Raum. Und doch brachte sie auch eine große Harmonie hinein und wirkte fast wie das verbindende Element zu den Performern, den Zuschauern und den weiteren Objekten auf der Bühne. Sie hat das Stück von der Atmosphäre her stark bestimmt und repräsentierte für mich persönlich das Thema „Ende“ in seiner großen und allgegenwärtigen Anwesenheit. Dann gab es noch ein großes, schwarzes aufblasbares Objekt, das sich über das ganze Stück hinweg immer weiter vergrößerte und einen Teil der hinteren Bühne einnahm, und eine rosa Wand, die unser Off war. Es ist ein eher abstraktes, fast meditatives Stück, das durch die Art der Inszenierung u.a. den Versuch macht, mit der Ausdehnung von Zeit zu spielen.

Hat Dein Stück „Nimmer“ auch etwas damit zu tun, das Du für Kinder und Erwachsene gemacht hast?

AP: „Nimmer“ ist ein Solo, das kurz vor „Ende“ entstand und sich mit dem Tod beschäftigte. Es geht ums Verschwinden, auch um die Magie des Verschwindens, aber vor allem eben um das große Verschwinden. Bei „Ende“ wollte ich das Thema Tod nicht so dezidiert ansprechen. Da geht es mehr um poetische und philosophische Fragen, um Zeit und Resonanz.

Und wie war es dann bei „Alles auf Anfang“?

AP: Da war für mich von vornherein klar: Das wird ein sehr viel dynamischeres Stück. Ich wollte nicht, dass sich irgendetwas darin etabliert, und ich hatte das Bedürfnis, mit vielen anderen zu arbeiten. Zu einem Anfang gehören für mich immer mehrere, auch wenn einer beginnt. Ich wollte mehr als fünf Performer, ich wollte auf viele Leute verweisen, auf verschiedene Gruppen, Mitspieler, Komplizen. Deshalb auch die Statisten. „Alles auf Anfang“ ist für mich eine Art Widmung an das Publikum, das über die Bühne hereinkommt, mit diesem Telefon, das ja auch etwas Albernes hat, und man fragt sich: Wo bin ich hier hineingeraten? Was kündigt das Klingeln des Telefons an? Was erwartet mich, wenn ich abnehme – oder wenn es jemand anderes tut? Man wird vom Chor begrüßt, der da schon sitzt, auch so eine Gruppe. Wie im Programm bereits angekündigt: „Eine kleine Gruppe von Leuten hat etwas für eine große Gruppe von Leuten vorbereitet.“ Da steht viel Lust dahinter, Tempo, Wechsel, und die Frage nach dem Systematisieren: Was ist ein Anfänger? Was macht uns dazu?

Als ich in der Vorstellung war, ist niemand über die Bühne gegangen...

AP: Ja, das ist sehr interessant: Es kommt auf die ersten an, die reingehen. Wenn die keine Angst haben, über die Bühne zu gehen, ziehen sie die anderen hinter sich her. Wenn die ersten außen rum gehen, tun das auch alle Nachfolgenden. Es gab mehrere Fragestellungen: Wer betritt heute noch die Bühne?! Wem gehört sie? Uns? Was ist der gemeinschaftliche Raum? Was ist der Zuschauer? Was ist er in Bezug zu uns? Welche Rolle spielen die Statisten? Diese Fragen waren für die Entwicklung des Stückes immanent. Es geht bei mir häufig um das Thema Identität. Die Statisten werden ja gleich wieder vertrieben, sie haben zunächst keinen Kontext, und es ist von Anfang an für sie vorbei. Zumindest wird das im ersten Text, den die Performerin Dani Brown spricht, augenzwinkernd prophezeit. Aber da sie Komplizen sind, kommen sich zurück und holen sich etwas ab. Zum Beispiel einen Apfel oder einen Tanzschritt. Und am Ende übernehmen sie auf ihre Art das Geschehen mit ihren eigenen persönlichen Geschichten über den Anfang.

Warum tragen diese Statisten so furchtbar hässliche Perücken?!

AP: Perücken und Haare kommen in jedem meiner Stücke vor, das ist für mich ein Identitätsthema und hat viel mit Anfang und Ende zu tun, mit Veränderung und Transformation. Haare begleiten uns und verändern sich über die Jahre. Die Perücke ist natürlich ein furchtbares Theaterklischeeobjekt. Und ich wollte sie als theatralisches Element, übertrieben und albern. Wenn sich die Statisten unter die Zuschauer gemischt haben, holen wir uns ja diejenigen Perücken wieder, die gleich aussehen. Das war auch ein Thema, dass eine Gruppe sich gleich macht, um zu einem abgesonderten Wir zu werden. Hat das dann andere Rechte als die anderen? Das Recht anzufangen? Das ist das, was durch die Perücken herauskommen sollte, dieses Sich-gleich-machen, und dann der Übergriff, sie wegzuziehen, sie gewissermaßen zu entblößen.

Du fängst mit einem Telefongespräch an. Warum?

AP: Ich habe die ganze Zeit nach einem falschen Anfang gesucht, Anfänge sind ja nicht nur toll. Der Schriftsteller Peter Handke hat mal in einem Interview gesagt, es sei ganz wichtig, falsch anzufangen. Das hat mich sehr beeindruckt. Was falsch ist, muss natürlich jeder für sich definieren. Das Tolle ist, dass jede Version im Zuschauer etwas auslöst – Zustimmung, Abwehr, Fragen. Dieses Telefongespräch ist ja ein bisschen schräg, es geht schief, es wird geschrien, irgendetwas ist nicht gut gelaufen. Der Text ist ein Zitat aus einem früheren Stück von mir, aus „Reset“, und es fängt mit dem Ende an. Die Frau – Dani Brown – sagt ständig: „It feels finished. it feels never really explored and never quite finished. I see no other context for it, so for me to give it to you makes perfect sense.“ Der eigentliche Beginn ist: Es gibt keinen Kontext für das, was ich bzw. was wir hier haben. Das einzige, was Sinn macht, ist deshalb, es Dir bzw. Euch zu geben, damit es aus seinem kontextlosen Raum herauskommt und dann einen Anfang bilden kann. Dieses „You“, also „Euch“, können die Statisten sein, das Publikum, die anderen Performer. Es muss aber eine Übergabe stattfinden. Oder zumindest ist die Übergabe dieser Szene der Moment, in dem uns ANFANG bewusst wird, denke ich. Und diese Ankündigung rollt dann etwas rein: das große Objekt, die Kugel, die man ja auch verschieden assoziieren kann: als Welt oder was auch immer. Es ist ein Versuch, tabula rasa zu machen, Platz zu schaffen, neu anzufangen. Was auch gleich wieder durch die nächste Übergabe missglückt oder überzeichnet wird: Indem die Kugel zum Ei wird und dem Küken hinterher jagt usw. – wieder so eine Frage zum Recht des Anfangens.

Du hast ein sehr kurioses Flötenquintett eingebaut, das schwierig für die Ohren ist...

AP: Ich wollte unbedingt etwas mit dem schlimmsten Instrument machen, das es meiner Meinung nach überhaupt gibt, dem Anfängerinstrument des Jahrhunderts: der Blockflöte. Angeblich ist es ja das erste Instrument überhaupt, wobei man nicht weiß, ob die Flöte wirklich schon von Steinzeit-Menschen geblasen wurde, oder ob die nur zufällig entdeckt haben, dass man mit hohlen Knochen Töne erzeugen kann. Wir, die Performerinnen, konnten alle nicht Flöte spielen und haben uns das über den Prozess erst angeeignet. Das war mir wichtig, in mindestens einer Sache im Probenprozess das Anfangen bzw. Anfängersein real zu erleben. Wir flöten „Absolute Beginners“ von David Bowie.

Ich konnte ja mit dem Stück nicht ganz so viel anfangen, weil es für mich so überladen war, ich konnte vor lauter Bäumen den Wald nicht mehr sehen... Es ist vollgestopft mit lauter Bildern, man kommt kaum hinterher mit Schauen!

AP: Ja, es ist schon etwas komplex und schnell in der Abfolge. Anfang hat immer etwas mit Resonanz zu tun, was löse ich aus, was kommt zurück? Vielleicht muss man es mehrfach sehen, um sich darin zurechtzufinden.

Das ist ja oft so, dass man vieles erst entdeckt, wenn man ein Stück mehrfach gesehen hat. Ich gehe gerne mehrfach in Stücke, deshalb finde ich es schade, dass Eure Werke immer nur wenige Tage lang gezeigt werden und dann nie wieder. Warum kann man nicht auch mal Wiederaufnahmen machen?

AP: Ja, das ist ein wichtiges Thema und eines, das wir gerne mit der TANZPAKT-Förderung anschieben wollen: Wiederaufnahmen existieren meist nicht in der freien Szene, das ist eine echte Verschwendung an wirtschaftlichem und künstlerischen Potenzial. Damit verbunden ist die Frage der Archivierung: Wo bleiben diese Stücke alle? Welcher Blick auf die eigene künstlerische Arbeit geht dadurch verloren? Was heißt das für mich, wenn ich ein Stück wieder aus der Schublade hole? Was hat das mit der Zeit zu tun, in der es entstanden ist, und welche neue Reibung entsteht jetzt, auch durch das neue Publikum, das das Stück jetzt sieht? Einige Intendanten stehen dem Thema der Wiederaufnahmen sehr kritisch gegenüber. Sie sagen, es rechne sich nicht. Das glaube ich überhaupt nicht! Wir möchten hierzu gerne den Dialog mit den KollegInnen, den Institutionen und der Kulturpolitik suchen. In einigen Städten gibt es inzwischen Wiederaufnahme-Fonds, in Hamburg nicht.

Wofür wirst Du die Förderung sonst noch nutzen?

AP: Neben dem Produzieren von Bühnenstücken wollen wir uns strukturell besser aufstellen. Auch, um die Qualität des künstlerischen Schaffens zu steigern. Es geht um Fragen wie: Könnte ich kontinuierlicher mit Leuten arbeiten? Könnten wir anders im Team zusammenarbeiten, weil wir nicht von einem Projekt zum nächsten hetzen müssen? Außerdem wollen wir eine Art Künstler-Plattform aufbauen, die „Tischgesellschaften“, weil es mir schon lange ein Anliegen ist zu fragen: Wo bleibt der Austausch zwischen den KünstlerInnen jenseits der Institutionen? Diese haben ja in den vergangenen Jahren wirklich einen sehr guten Job gemacht in Deutschland. Sie bestimmen die Themen, sie holen sich die Gelder, sie kuratieren, sie sind gut vernetzt. Das ist alles OK. Aber wo bleibt der künstlerische Austausch zwischen den Künstlern? Dafür gibt es keine Struktur. Das kostet Zeit und Geld, man muss reisen. Das wollen wir überregional anstoßen, in Kooperation mit verschiedenen KünstlerInnen und Künstlernetzwerken, um dann herauszufinden, welche Ideen und Fragestellungen dadurch entstehen. Zwei für uns wichtige Fragestellungen, die wir fast als Leitfaden für diesen Austauch betrachten, sind: Wie teilt man Ideen? Und: Wie teilt man Geld?

Wie steht es um den Austausch zwischen den KünstlerInnen in Hamburg?

AP: In Hamburg läuft das besser. Da kommen wir gegenseitig zu unseren Premieren und geben uns auch Feedback. Ein Projekt wie z. B. das „Treffen Total“ setzt hier wichtige Impulse zu diesen Themen. Das ist ein großes KünstlerInnen-Kollektiv, das kollektiv Anträge für den künstlerischen Austausch stellt.

Nun steht ja Teil 3 der Melancholie-Trilogie noch aus. Was wird das werden?

AP: Das dritte Format wird sich die Frage stellen: Was ist, wenn man Anfang und Ende weglässt? Ist es die absolute Unendlichkeit oder die absolute Zeit? Oder das Nichtvergehen, weil du keinen Anfang und kein Ende gesetzt hast? Wer bestimmt den Anfang und das Ende? Es wird ein Solo werden, das sich aus einer Gemeinschaft herausschält, mit der die Solistin – die Einzelne – Zeit verbracht hat und wieder Zeit verbringen wird. Ein Format mit vielen Gästen, die mich und uns besuchen, und denen ich vielleicht das Solo als meinen Beitrag zurückschenken kann. Wir werden sehen!

Ist geplant, alle drei Teile der Trilogie mal zusammen zu zeigen?

AP: Das wäre so toll! Das muss ich noch verhandeln! Es würde ja auch zum Thema der Wiederaufnahme passen.

Am Ende der Konzeptionsförderung hat „Antje Pfundtner in Gesellschaft“ 20-jähriges Jubiläum. Vielleicht wäre das eine gute Gelegenheit?

AP: Ja, das wäre eine gute Gelegenheit. Deshalb auch mein Interesse an dem Dialog mit dem Haus, an dem ich produziere. Ich hätte bei so einem Jubiläum auch Lust zu fragen: Was können wir uns gegenseitig schenken? Was können wir zusammen machen? Wen können wir dazu einladen? Wir müssen mal sehen, was wir da machen können.
 

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