Tanzende Worte

Daniel Linehan mit „Zombie Aporia“ zu Gast bei Tanz im August

Berlin, 13/08/2012

Von Christine Madden

Worte benehmen sich nicht immer mit Würde und Gravitas. Manchmal schleichen sie aus dem Lexikon, putzen sich auf und gehen heimlich auf eine Party. Dort angelangt, essen sie zu wenig und trinken zu viel, koksen gelegentlich auch, wenn der Stoff vorhanden ist. Und dann tanzen diese Worte, was das Zeug hält. Und dieser Tanz sieht aus wie das Stück „Zombie Aporia“ von Daniel Linehan.

Der New Yorker Tänzer und Choreograf ging 2008 nach Brüssel, wo er seine Forschungen als P.A.R.T.S.-Teilnehmer fortsetzte. Er hat mittlerweile mit anderen renommierten Tanzkünstlern wie Miguel Gutierrez und Michael Helland zusammengearbeitet. Auf seiner Website erklärt er, dass sein choreografisches Werk sich damit beschäftigt, die Trennlinie zwischen Tanz und allem anderen sanft zu verwischen.
Zombies sind die lebendigen Toten; „Aporia“ bezeichnet einen in sich liegenden, logischen Widerspruch. Wie z.B. lebendige Tote oder tanzende Worte. Und wie sehen Worte aus, wenn sie tanzen? Eigentlich fast wie Menschen – in diesem Fall, wie Linehan und seine Kollegen Thibault Lac und Salka Ardal Rosengren. Außer ihnen und ein paar technischen Hilfsmitteln – einem Laptop, einem Tisch, einer verborgenen Videokamera – ist die Bühne scheinbar leer. Anhand von einer Reihe von Wortspielen (die die Zuschauer vor der Vorstellung gedruckt in einem Heft bekommen), untersucht das Stück humorvoll die Erfahrung, dass Dinge, die gegensätzlich sind, im Leben oft zusammentreffen.

In acht deutlich unterschiedlichen Teilen reißt „Zombie Aporia“ systematisch die Bedeutungspanzer der Worte auf. „The music is the background for the dance... The sound of what I’m saying is the dance...“ sprechen die drei Tänzer im Chor. Monolog und Erklärung zugleich, die Rede dient als Geräuschkulisse für den Tanz. Die Darsteller liefern ihre Worte jedoch nicht dem Publikum sondern einem Monitor ab, den sie während des Tanzens mit den Augen fixieren, als ob sie ein Wii-Programm spielen. „Music is a private experience, music is the dance.“ Später, mit einer fiktiven Videokamera an der Stirn befestigt, führt Linehan eine abstrakte Sequenz aus. „This is really live, this cannot be live...“ sagt er dazu. Auf dem Monitor läuft angeblich, was er sieht – aber der Bildschirm zeigt einen leeren Zuschauerraum. Ist die Vorstellung doch nicht live, oder sind wir es nicht? „I wanna be cool,“ verkündet Rosengren, und erklärt selbstironisch, was sie so cool macht, während ihr Körper von Lac zunehmend aufdringlich bearbeitet wird, um ihre Stimme und ihre Aussage zu manipulieren. Unterwerfung ist das absolute Gegenteil von cool, und hier wird Rosengren als Verkörperung der in Worten ausgedrückten Sehnsucht von ihrem Bekenntnis wortwörtlich in die Knie gezwungen.

Da die Tänzer es vermeiden, sich und ihre Aufgabe allzu ernst zu nehmen, wird „Zombie Aporia“ vor der großen Gefährdung der Selbstgefälligkeit bewahrt. Auch wenn manche Abschnitte weniger gut geglückt sind, ist die Vorstellung durch die sympathischen Darsteller immer unterhaltsam. In dem er versucht, Worte von ihrem Dasein als starre Bedeutungsträger zu befreien und tanzen zu lassen, ist es Linehan gelungen, dem Publikum auf heitere, witzige Weise die Widersprüchlichkeit der menschlichen Kommunikation darzustellen.

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