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Künstlerduo erhält Prof. Balzert-Ballett-Preis für „Fractal Memory“ in Dortmund
Schon vor der Vorstellung ist das Publikum aus dem Häuschen. Es war klar, dass der scheidende Ballettchef an diesem Abend ordentlich gefeiert werden würde. Der geschäftsführende Direktor des Hauses Tobias Ehinger verkündet gleich zu Beginn, dass Wang die Ehrenmitgliedschaft am Theater verliehen werde. Ganze 22 Jahre lang habe Wang das „Dortmunder Ballettwunder“ geprägt und dafür gesorgt, dass ganz locker von „Weltruhm“ die Rede ist.
In seiner Laudatio verweist Oberbürgermeister Westphal darauf, dass Wang bis heute ganze 14 Trainer beim BVB hat kommen und gehen sehen. Da war es nur noch ein kleiner Schritt, ihn einen echten Dortmunder zu nennen. Und tatsächlich behält Wang auch nach seinem Rückzug offiziell seinen Wohnsitz in der Stadt. Als er schließlich selbst die Bühne betritt, begrüßt ihn das Publikum mit stehenden Ovationen bis in den letzten Rang und herzlichem, minutenlangen Applaus.
Mit erschöpfenden Dankesworten hält Wang sich aber nicht lange auf; er macht im Wortsinn Platz, Platz auf der Bühne für seine Tänzer*innen. Es ist die letzte Vorstellung seiner „La Bayadère“, die im November 2024 Premiere feierte. Und man kann durchaus sagen, dass sich damit die Zahl 13 als Wangs Glückszahl entpuppt hat: Es ist die 13. Vorstellung des Petipa-Klassikers, und sie hat ein letztes Mal gezeigt, dass alle Worte des Lobes ihre Berechtigung haben.
Hervorragende Solist*innen
Wang sucht mit seinem Ansatz Distanz zu der in der Vergangenheit so oft inszenierten Exotisierung, indem er die tragische Liebesgeschichte mit einer Rahmenhandlung versieht. In den 1920ern soll in Hollywood ein Stummfilm gedreht werden, der die Geschichte der Bayadére erzählt. Es wird viel geraucht und Schiebermütze getragen. Die Bilder sind einfach zu lesen.
Am Set der Dreharbeiten wiederholt sich diese Geschichte 1:1 zwischen den Hauptdarstellern. Auch choreografisch nutzt Wang einen Rahmen, indem er sich im 2. und 3. Akt an Petipas Vorlage orientiert und als Klammer den 1. und 4. Akt eigenständig choreografiert. Dafür nutzt er eine klare, offene Formensprache, die nichts verklausuliert, dadurch seinen Solist*innen aber desto mehr an Technik abverlangt. Und die liefern! Dem Anlass entsprechend tanzt hier noch einmal die Premierenbesetzung.
Daria Suzi als Gamzatti ist die Flotte, Wendige und Leichtfüßige. Ihre Konkurrentin Nikija, die Bayadère, tanzt Anna Tsygankova auffällig bedächtig. Jeder Schritt scheint genau überlegt und reflektiert. Sie ist die Kraftvolle, der Gamzatti nichts entgegenzusetzen hat. Ihre Technik wirkt wie in Stein gemeißelt. Kein Wunder, dass der Kampf um den angehimmelten Solor mit unlauteren Mitteln geführt wird. Giorgi Potskhishvili fliegt als der zwischen den beiden Frauen Aufgeriebene schwerelos über die Bühne. Die Begeisterung des Publikums angesichts der Höhe und Weite seiner Sprünge kann man nicht überhören. Potskhishvili ist ein Kraftpaket, der hier alle im Corps hinter sich lässt. Daneben scheint selbst das goldene Idol zu verblassen, obwohl die technische Präzision António Ferreiras makellos ist.
Damit kann Xin Peng Wang wirklich ganz entspannt gehen. Er übergibt der neuen Dreierspitze ein Ensemble vom Feinsten. Jetzt ist es an Annabelle Lopez Ochoa, Edward Clug und Jaš Otrin, die Ärmel hochzukrempeln und genau an dem Punkt weiterzumachen.
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