„Rau(e)nächte“ von go plastic company, Tanz: Cindy Hammer

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Go Plastic Company zeigt „Rau(e)nächte“ im Lofft Leipzig

Genrewechsel bei der go plastic company aus Dresden: Nicht nur Tanz sondern ein bewegtes Hörstück steht auf dem Programm. Dazu gibt es eine festliche Tafel.

Leipzig, 15/12/2025

Opulenter Barock auf der Bühne des Leipziger Lofft: Ein große Tafel steht da, gedeckt mit allerlei Trockenblumen und Gestecken, darüber eine ganze Batterie von Glühbirnen und linkerhand baumeln installativ Baumrinden herab. Alles glänzt in goldenem Licht, und am Kopfende sitzt Frick, gespielt von der erblindeten Schauspielerin Pernille Sonne auf einer Art rotem Thron und mit einem fruchtigen Gesteck auf der Frisur. Dazu dreht sich Momo F. Tanner herein, die an diesem Abend den tänzerischen Part der go plastic company übernimmt.

Dinner for One mit Goldmariechen

Das Setting, entwickelt zusammen mit Studierenden der HfBK Dresden, erinnert sofort an Dinner for One. Doch statt Jokes über Tigerfelle als Stolperfallen erweitert sich die Szenerie hier ganz im Sinne der titelgebenden „Rau(e)nächte“ um eine ganze Armada an unsichtbaren Geistern und Märchenfiguren. Fröhlich glucksen Goldmarie und Pechmarie auf der Tonspur vor sich hin, erfreut sich die Sphinx und andere Figuren, die hier offenbar zum familiär-festlichen Mehr-Gänge-Menu gekommen sind. Schließlich sind die Raunächte jene 12 Nächte zwischen Weihnachten und dem 6. Januar, bei der die Geister einmal ungestört ihren Schabernack treiben können. Hier aber stehen sie eher in der Küche, um dann an einem Abend alle edlen Leckereien im Familienkreis zu kredenzen. Oh du spießige Geisterwelt. Inhaltlich bietet sich auf dieser Soundebene, des selbsternannten „bewegten Hörstücks“ nicht viel mehr als das. Ein gekonnt gestalteter Soundteppich, ein Hörspiel, aber im Setting einer so relaxed Performance, das denn inhaltlich doch arg dürftig bleibt.

Auf der Bühne immerhin müht sich Momo F. Tanner, das tänzerisch zu bedienen und zugleich mit Pernille Sonne im Spiel zu bleiben. Hier gelingt einiges, wenn Tanner etwa maximal umständlich versucht eine Pyramide aus Sektgläsern aufzubauen oder sich über den Tisch räkelt, um ihre eigenen Haare mit Gabeln zu bearbeiten. An anderer Stelle werden kleine Säckchen mit Zimtplätzchen ans Publikum verteilt, um auch hier eine Einladung auszusprechen. Sie spielt mit einer großen Schlange, verteilt Besteck oder legt Sonne ein Kissen hin. Manchmal kommt sie auch richtig ins Tanzen, doch angesichts der Vielzahl der Ebenen, die sie bedienen muss, bleibt alles nur angespielt. So richtig in die Vollen bei der Fusion all dieser Elemente geht die installative Choreografie nicht.

Grau-düsterer Prolog

Dabei liefert der tänzerische Prolog von Cindy Hammer, die zusammen mit Susan Schubert und Momo F. Tanner den Abend choreografiert hat, einen Eindruck, wie man den Grusel der Nächte in Körper und Raum übersetzt. Sie sitzt an einer Stange in der Studiobühne im weißen Hemd. Zwischen vier Stangen sind Leinen gespannt wie auf Wäscheleinen hängen hier Zettel, Plastikfetzen und Stoffe. Ein Ventilator bläst über die Szenerie und aus den Lautsprechern walzt dunkel beklemmende Musik durch den Raum. Ein Körper gefangen im Schrecken. Daraus versucht Cindy Hammer auszubrechen, doch bleibt zunächst gefangen, tanzt an der Stange, kauert auf dem Holzpodest irgendwo zwischen Wut, Angst und Besessenheit. Irgendwann löst sie sich, nimmt sich dem Raum, doch muss sich auch hier gegen unsichtbare Widerstände anbewegen. Eine kurze aber sehr eindrucksvolle Solo-Nummer und auch näher an dem, was man bisher von der go plastic company, etwa im Melancholic Marathon, gewohnt war. 

Das Neue muss erst noch erobert werden.

 

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