„Call me Dancer“

„Call Me Dancer“ von Leslie Shampaine und Pip Gilmour: Manish in einem Park in New York

Gegen alle Widerstände

Dokumentarfilm über einen indischen Tänzer und seinen Weg

Arte zeigt aktuell „Call Me Dancer“, einen Dokumentarfilm über den steinigen Weg, den ein junger Mann aus Mumbai auf sich genommen hat, um sich seinen Traum zu erfüllen: Tänzer zu werden.

Mumbai, 26/01/2024

Mumbai ist ein Moloch von einer Großstadt. Dort lebt Manish Chauhan mit seiner Familie, sein Vater ist Taxifahrer, schon der Großvater hat damit sein Geld verdient, seine Mutter arbeitet in Heimarbeit als Schneiderin. Aus ihm und seiner Schwester soll mal etwas Besseres werden. Alles Geld investiert die Familie in die Ausbildung der Kinder, der Vater nimmt dafür sogar einen Kredit auf.

Mit 18 sieht Manish einen Bollywood-Film, in dem der Held auf offener Straße einen Salto rückwärts schlägt. Er ist hin und weg. Das will er auch können! Und so beginnt er zu trainieren, übt Rückbeugen und Handstand, bis er Flipflops und endlich auch den Salto beherrscht. Aber das reicht ihm nicht. Er will mehr. Nach der Schule trifft er sich mit Freunden an einer U-Bahn-Station und trainiert dort Hiphop. Richtigen Unterricht kann er sich nicht leisten. Disziplin, Haltung, neues Selbstvertrauen, Ausdruck – das waren die Ziele, die er sich dort bei seinem geheimen Training setzte.

Der erste große Schritt: ein TV-Wettbewerb

Dann bewirbt er sich beim TV-Wettbewerb „Dance India Dance“ und fällt auf. Ein Mitbewerber macht ihn auf „Danceworx“ aufmerksam, das Tanzstudio von Ashley Lobo, in dem Ballett, Jazzdance und moderner Tanz gelehrt wird – eine Ausnahme in Indien, wo das Schwergewicht auf traditionellem indischem Tanz und Bollywood-Arrangements liegt, beides lässt sich gut vermarkten. Bei „Danceworx“ unterrichtet Yehuda Ma‘or, ehemaliger Tänzer aus Israel mit langjähriger Bühnen- und Lehrerfahrung. Eher unfreiwillig ist er nach Indien gekommen, hat dort aber eine neue Heimat gefunden. Inzwischen 75 Jahre alt, gibt er sein Wissen an die indische Jugend weiter, immer auf der Suche nach neuen Talenten.

Da ist zum Beispiel Amiruddin Shah, genannt Amir, den Yehuda schon als Jugendlichen entdeckt und kontinuierlich gefördert und ausgebildet hat. Ihm vermittelt er, gefördert von einer indischen Mäzenatin, ein Stipendium an der Royal Ballet School London. 2021 wird er Amir Mitglied des Miami City Ballet – und als erster Inder Mitglied einer großen Company. Auch seine Karriere erzählt dieser Dokumentarfilm von Leslie Shampaine und Pip Gilmour.

Von Indien nach Israel

Yehuda nimmt Manish unter seine Fittiche. Der junge Mann investiert das Schulgeld hinter dem Rücken seiner Eltern in den Tanzunterricht. Er will mehr sein als ein Straßenakrobat: „Call me dancer“. Es ist ein mühsamer und steiniger Weg, den er da auf sich nimmt.

Yehuda ist klar, dass aus Manish kein klassischer Ballerino mehr werden wird, wohl aber ein exzellenter Tänzer für Contemporary Dance. Er vermittelt ihn zur Kibbutz Contemporary Dance Company in Ga’aton in Israel. Ein Jahr lang wird er dort unterrichtet, aber die Company hat kein Geld für eine weitere Festanstellung, obwohl sie ihn gerne übernehmen würde. Und so muss Manish verschiedene Male vortanzen und enttäuscht werden, er muss Rückschläge durch die Pandemie und Verletzungen überstehen, bevor seine Hartnäckigkeit schließlich Erfolg hat: Er wird festes Mitglied der Peridance Contemporary Dance Company in New York.

„Call Me Dancer“ ist ein Film, der Mut macht. Er zeigt, dass sich mit Disziplin und Fleiß und einem unbändigen Willen Träume verwirklichen lassen. Im Tanz genauso wie anderswo.

Call me Dancer
86 Minuten
Auf arte verfügbar bis 19. April 2024

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