Let’s dance! Israel und der moderne Tanz

Heute Abend auf arte

Berlin, 28/03/2011

Der Titel lässt Schlimmes erwarten. Doch der Film von Gabriel Bibliowicz und Efrat Amit hat nichts mit der gleichnamigen Show auf einem der privaten Sender zu schaffen; er beschäftigt sich vielmehr auf ARTE im Auftrag des ZDF mit Israel und dem modernen Tanz, und das tut er gründlich. Einige der prominentesten Choreografen des Landes kommen (vielleicht ein wenig zu oft) zu Wort. Aus ihren Aussagen entsteht nach und nach kaleidoskopisch das Bild eines Landes wie eines Volkes, für das der Tanz eine Frage des Überlebens ist. 

„Ich werde verrückt, wenn ich mich nicht bewege”, lässt sich eine Choreografin vernehmen - und all die anderen, die sich an der Dokumentation beteiligt haben – Liat Dror, Nir Ben-Gal, Yasmeen Godder, Ohad Naharin, Renana Raz oder Yair Vardi – werden ihrem Kollegen beipflichten, der da sagt: „Ich bin Israeli. Also tanze ich.” Die kollektive Seinserfahrung im Tanz ist an und für sich schon erstaunlich und kennt kein vergleichbares Beispiel in dieser Größenordnung. Viel davon ist Gertraud Kraus zu danken, die in einigen Archivszenen eine hochkarätige Form des deutschen Ausdruckstanzes erkennen lässt. Noch mehr dem Volkstanz, dem nicht zuletzt in der Gründungsphase des Staates eine kaum zu überschätzende Integrationskraft zukommt. Noch immer eint er eine Nation, die nach der Diaspora ganz unterschiedlichen kulturellen Erfahrungen ausgesetzt ist und einen gemeinsamen Nenner auch außerhalb seiner Religion finden muss. Nach wie vor ist er ein Nährboden, auf dem der Tanz auch heutzutage fußt, und ohne ihn gäbe es nie und nimmer das potente, überaus „realistische” Tänzerreservoir, um das Israel immer beneidet wird. Typisch dafür der Kibbutz Ga’aton und erheiternd die „Fremdenführung”, die Rami Be’er für seine Zuschauer augenzwinkernd veranstaltet.

Doch Gabriel Bibliowicz und Efrat Amit begnügen sich nicht mit einer Grundlagenforschung in Sachen Tanz, sondern zeichnen in Wort und Bild eine Entwicklung nach, die noch längst nicht abschlossen ist. Klar, dass Batsheva de Rothschild dabei eine alles entscheidende Rolle spielt. Sie holte Martha Graham ins Land, gründete erst die Batsheva Dance Company, dann aus nicht ganz uneigennützigen Gründen die Bat-Dor Dance Company, und ermöglichte damit immerhin eine Professionalisierung, ohne die der Modern Dance made in Israel international auf die Dauer nicht konkurrenzfähig gewesen wäre. Dass er sich heute ganz anders definiert, sich mehr mit gesellschaftlichen Themen beschäftigt als mit den Mythen der Vergangenheit, wird spätestens am Beispiel Ohad Naharins manifest. Seine Arbeit wird ausführlicher dokumentiert als die seiner Kollegen, und das ist gut so. Endlich kehrt in den etwas hektisch geschnittenen Film ein wenig Ruhe ein und kann sich einlassen auf einen Tanz, der selbst den Zuschauer im Innersten bewegt. Ganz so, wie es einem der Titel diktiert: Let’s dance!

a6c1214f2374a817c2e480e1697841 Auf arte heute, 28. März, um 22.50 Uhr. Wiederholungen: 6. und 14. April, jeweils 5.00 Uhr 

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