„Bones and Wires. Die Seele der Dinge” von und mit Simon Mayer

Technik und Kunst

Simon Mayer zeigt „Bones and Wires. Die Seele der Dinge“ als Österreichische Erstaufführung im Wiener brut nordwest

Technik, künstliche Intelligenz und Roboter sind aus unserem Alltag nicht mehr wegzudenken. Doch wie kann man mit ihnen in einen künstlerischen Dialog treten?

Wien, 18/12/2022

Bereits im Foyer wird das Publikum von einem „Roboter“ begrüßt. Es ist ein Gefährt mit vier Rädern und einer weiblichen Stimme. Doch, wie ist es anders zu erwarten, gibt es bereits ein technisches Problem und Aufzugmusik wird abgespielt. Ob das technische Problem zur Inszenierung gehört, wird nicht klar. Doch die Aufzugmusik kommt noch öfters vor, wenn sich die „Roboterin“ während der Performance zu langweilen beginnt. Betritt man den Saal, so wird der Großteil der Bühne von einer riesigen weißen Stofffläche bedeckt, die an Seilen aufgehängt ist und so manches Objekt verbirgt. Man sieht einen Lichtkegel unter dem Stoff herumwandern und fühlt sich an Zeltlager erinnert, wo das ein beliebtes Spiel mit der Taschenlampe war. Später wird man erkennen, dass es ein beweglicher Scheinwerfer, ein Moving Head ist, der hier für die Lichteffekte sorgt.

Nach und nach befreit sich Simon Mayer selbst von dieser Stofffläche und bringt auch die versteckten Objekte zum Vorschein: ein Klavier, das von selbst spielt aber auch von Mayer gespielt wird und ein Schlagzeug, das auch immer wieder wie von Geisterhand kurz zu spielen beginnt. Dazu die „Roboterin“ von anfangs und besagter Moving Head. Mit diesen vier Objekten, die teilweise auch ein Eigenleben entwickeln, gestaltet Mayer den Abend. Er selbst wirkt dabei teilweise wie ein schrulliger Wissenschaftler, der die Objekte kennenlernen will. An Mayers Körper sind hochsensible Mikrofone befestigt, die die Körpergeräusche zu Gehör bringen, wenn er sich bewegt. Auch am Klavier befinden sich Mikrofone, die die Geräusche von den Tasten und Hämmern verstärken, obwohl kein Klavierton erklingt. Moritz Nahold vermischt all diese Klänge in seinem Sounddesign kreativ und anspruchsvoll.

Leider geht bei der Auseinandersetzung mit der Technik die künstlerische Kreativität verloren. Wie viel künstliche Intelligenz zum Einsatz kommt oder die Dinge doch von Menschen gesteuert werden, erschließt sich dem Publikum nicht. Beantworten kann diese Frage wohl nur Dominik Strzelec, der Robotik und Multimedia-Design verantwortet. Die „Roboterin“ fährt einmal sogar gegen Mayer und verletzt ihn am Knie. Unfall oder doch ein Sinnbild? Alles in allem wirkt der Abend mehr wie eine Laborsituation oder work in progress, aus der vielleicht noch Spannendes entstehen kann. In einer abschließenden Gesangsnummer gibt Mayer selbst zu, dass er überfordert und mit dem Ergebnis unzufrieden ist. Auch hier stellt sich wieder die Frage, ob er das künstlerisch überhöht meint oder ehrlich. Vielleicht doch nicht die beste Sache, dass Mayer in Personalunion Idee, Choreografie, Performance und Musik verantwortet. Getanzt wird von dem ursprünglich klassisch ausgebildeten Tänzer, der unter anderem am Wiener Staatsballett aber auch bei Anne Teresa de Keersmaeker engagiert war, wenig. Am Ende von langen 70 Minuten stellt man fest, dass er mit dieser Arbeit nicht an seine Erfolgsproduktionen „SunBengSitting“ und „Sons of Sissy“ anschließen kann.

 

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