Aus einer anderen Zeit

Alicia Alonso im Alter von 98 Jahren verstorben

Sie war ein Ballett-Star, in einer Reihe mit Galina Ulanowa, Maja Plissezkaja, Patricia McBride, Margot Fonteyn, Yvette Chauviré, und sie alle beherrschten das Ballett der Nachkriegszeit.

Havanna, 18/10/2019

Diese Ballerina aus einer anderen Zeit, geboren am 21. Dezember 1920 in Havanna als Alicia Ernestina de la Caridad del Cobre Martínez del Hoyo, ist nun am 17. Oktober 2019 gestorben. Sie war ein Ballett-Star der 1940er und 1950er Jahre, in einer Reihe mit Galina Ulanowa, Maja Plissezkaja, Patricia McBride, Margot Fonteyn, Yvette Chauviré, und sie alle beherrschten das Ballett der Nachkriegszeit.

Alicia Alonso ist es zu verdanken, dass in Kuba eine Schule von internationalem Rang entstand, natürlich auf russischer Basis, was nach der Revolution in Havanna, ihrer Heimatstadt, nahe lag. Zusammen mit ihrem Mann Fernando Alonso hatte sie nämlich 1948 das Ballet Alicia Alonso, das später in Ballet Nacional de Cuba unbenannt wurde, gegründet. Daran angeschlossen ist eine der weltweit größten Ballettschulen mit 3000 Schülerinnen und Schülern.

Ihre Karriere hat Alicia Alonso allerdings – als erste hispanoamerikanische Primaballerina Assoluta – in New York beim American Ballet Theatre gemacht, das ja weltweit reiste und ein außergewöhnlich reiches Repertoire hatte. Sie war eine der größten Interpretinnen der romantischen Ballerinen-Rollen. Aber groß war sie auch als Carmen in einer Version, die nicht auf Roland Petit basierte, sondern auf der russischen Version, die Alberto Alonso 1967 in Moskau (mit Maja Plissezkaja) zu Rodion Schtschedrins Bearbeitung der Bizet-Oper uraufgeführt hatte. Leider habe ich sie in dieser Version nicht gesehen, aber als Giselle bei einem Gastspiel in Montreal im Rahmen der Weltausstellung. Sie muss Anfang vierzig gewesen sein und war aufgrund einer Netzhautablösung bereits auf dem Weg zur Erblindung, so dass sie – außer im Bühnenlicht – fast nichts mehr sah. Dennoch meisterte sie dieses anspruchsvolle Stück wie eine junge Tänzerin.

Etwa zehn Jahre später sah ich sie in der Römischen Oper in einem Stück, das ihr auf den Leib geschneidert war. Es handelte sich um eine ältere Frau, die zunächst auf einem Stuhl saß und anfing, ihr Leben zu träumen, was von verschiedenen Partnern dargestellt wurde, die sie davon erlösten, still zu bleiben, und sie vor allem in großen Lifts über die Bühne bewegten. Auch mit dieser Kreation hatte sie großen Erfolg und ich denke, es war ihr letzter. Dem Ballett blieb sie bis zum Schluss in der erwähnten Schule treu, und ohne sie und ihremn Mann Fernando hätte dieses Institut wohl sicher keinen solchen Namen in der Ballettwelt bekommen.

 

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