„Music for a while“ von Mei Hong Lin
„Music for a while“ von Mei Hong Lin

Konzert mit Bildern

Für das Musiktheater Linz choreografiert Mei Hong Lin „Music for a while“

In Kooperation mit der uneinholbaren Christina Pluhar und ihrem Ensemble L’Arpeggiata eröffnet sich ein Abend wundersamer Differenzen.

Linz, 15/10/2017

Was für eine schöne, herausfordernde, nahezu ideologisch luxuriöse Idee, die musikalische Grenzgängerin Christina Pluhar mit ihrem Ensemble L’Arpeggiata zur Mitgestaltung eines Tanzstücks ans Linzer Musiktheater einzuladen. Zumal die Hauschoreografin Mei Hong Lin sich in der letzten Spielzeit mit Werken von Franz Schreker und Alexander Zemlinsky bildstark auseinandersetzte und diesem Abend ein explizit politisches, ästhetisch geschliffenes Tanztheater („Die Brautschminkerin“) folgen ließ. Warum also jetzt nicht den Versuch wagen, mit einem der Jazz-Improvisation verwandten Ensemble erster Güte, das Preziosen Alter Musik auf historischen Instrumenten pflegt und jamsession-artig neu aufmischt, einen gemeinsamen Weg zu ertanzen.

Die pausenlose, rund 100 Minuten lange Tanzszenerie trägt den Titel einer hochkarätig besetzten CD von Pluhar: „Music for a while“ (aus Purcells Schauspielmusik zu „Ödipus“). Sie gerät allerdings primär zum fantastisch dahin perlenden Konzert um Liebe und Tod (u.a. Purcell, Händel, Monteverdi) mit ausgesuchten MusikerInnen und den wie selbstverständlich, auf seitlichen Podesten auf- und abtretenden Sängern: der belgischen Sopranistin Céline Scheen und dem Natur-Alt des ehemaligen Tänzers Vincenzo Capezzuto. Dieser war nicht nur mit dem Léonide Massine-Preis ausgezeichnet worden, er tanzte auch in Stücken von Balanchine, Naharin, Forsythe; jetzt singt er verführerischen Alt.

Mit solchen Kalibern und musikalisch strukturierter Freiheit zu arbeiten, ist für Verfechter gezimmerter Choreografie-Tableaus eine Vorgabe. Mei Hong Lin tut sich da sichtlich schwer. Zwar lässt sie ihr mittlerweile tanztechnisch starkes Team, zwanzig Tänzerinnen und Tänzer, gegen Ende auch einmal erlösend improvisieren, größtenteils aber zurrt sie die rasch wechselnden Szenen um das Aufeinandertreffen von erwartungsvollen Individuen und Paar-Konstellationen auf einer Party (Ausstattung: Dirk Hofacker) in sich fest. Unter den Figuren taucht auch die Linsche Lieblingsgestalt einer gespenstischen, weißen Frau auf, dieses Mal als Braut auf der Suche nach ihrem Mann. Im Orchestergraben aber groovt die Pluhar an der Theorbe, musizieren der Jazz-Klarinettist Gianluigi Trovesi, Francesco Turrisi nicht nur am Klavier. Ein Abend wundersamer Differenzen.
 

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