„D-Man in the Waters“ von Bill T. Jones

„D-Man in the Waters“ von Bill T. Jones

Das Leben – ein Tanz!

„D-Man in the Waters/Generation Y(UA)“

Premiere der BallettCompagnie Oldenburg mit einer preisgekrönten Choreografie von Bill T. Jones und einer Uraufführung von Antoine Jully

Oldenburg, 08/03/2016

Und wieder einmal neu glänzt die Oldenburger BallettCompagnie mit einem aufregenden Doppelprogramm: Als erste Compagnie Europas tanzt sie das mit dem New York Dance and Performance (,Bessie‘) Award ausgezeichnete Werk ,D-Man in the Waters‘. Und mit der Uraufführung von „Generation Y“ zeigt Chefchoreograf Antoine Jully ein deutliches Bild einer atemlosen Generation.

„Im Traum sahst du einen Weg, um zu überleben und du warst voller Freude.“ Dieses Zitat aus der Survival Series der 1950 geborenen amerikanischen Konzeptkünstlerin Jenny Holzer ist das Leitmotiv der Choreografie „D-Man in the Waters“ der amerikanischen Choreografen-Legende Bill T. Jones. Nun feierte dieses, 1989 in Amerika uraufgeführte Stück, das als wahrer Klassiker des zeitgenössichen Tanzes gilt, eine neue Premiere mit der BallettCompagnie Oldenburg. Zum Einstudieren der Choreografie, schickte Bill T. Jones seine stellvertretende Direktorin und Ballettmeisterin Janet Wong von New York nach Oldenburg.

Fließend, schnell und quirlig sind die Bewegungen des zehnköpfigen Ensembles. Wie ein Fischschwarm gleiten, schwimmen, springen die Tänzerinnen und Tänzer ausgelassen in einem Fluss mit der Musik von Felix Mendelsohn Bartholdys ,Oktett für Streicher‘, über die Bühne. Wunderbar aufeinander abgestimmt sind Live-Musik (Musikalische Leitung: Elias Corinth vom Staatsorchester Oldenburg) und Choreografie und das wirkt besänftigend und traumhaft schön. Doch im weiteren Verlauf verblasst die Choreografie aus Ballett, Modern und Artistik. „D-Man in the Waters“ ist inhaltlich eng verbunden mit der Leidensgeschichte von Jones verstorbenen Partner, dem Tänzer Arnie Zane und soll die Zuschauer durch die Wechselhaftigkeit des Lebens führen; also ebenso durch Verlust wie durch Hoffnung oder Triumph. Zwar gibt es assoziative Bilder von Invalidität, Schmerz und Kampf und auch die militaristische Bekleidung trifft eine Aussage, doch bleiben diese Brüche schwach und alles erscheint mehr wie ein gleichförmiges Wiederholen.

Ganz anders beginnt nach der Pause des insgesamt gut eineinhalbstündigen Tanztheaterabends „Generation Y“ in der Choreografie von Antoine Jully. Die Generation Y, Generation-Nintendo, Generation-Facebook, -Now, -Why oder auch -MeMeMe umfasst die Menschen, die zwischen 1980 und 2000 geboren sind. Diese Generation stellt die Lebensverhältnisse, die bisher galten, in Frage. Die Generation Y ist vergleichsweise gut ausgebildet, hat die Freiheit, Gedanken laut zu äußern und zeichnet sich durch eine technologienahe Lebensweise aus, in der alles greifbar scheint und vor allem schnell passiert.

Um die Generation Y tänzerisch zu beschreiben, hat Antoine Jully die 5. Sinfonie des britischen Oscarpreisträgers Sir Malcom Arnold (,Brücke am Kwai‘) gewählt, bei der es sich um ein verschlüsseltes Requiem handelt. Wie das Stimmen von Instrumenten erscheinen die ersten Klänge der Sinfonie, die als eines der größten sinfonischen Meisterwerke des 20. Jahrhunderts gilt. Vor tiefblauem Hintergrund startet das überwiegend schwarz gekleidete Ensemble innerhalb eines spannenden Bühnenbildes: Wie ein übergroßes Stück Segel hängt ein, aus Metallgeflecht-Elementen gefertigtes Gebilde, groß und bauchig von der Decke.

Die Bewegungen der Tänzerinnen und Tänzer bedienen sich zunächst stark aus dem klassischen Ballett und wie bereits im ersten Stück, sind die Bewegungen energievoll und präzise. Es gibt viele deutliche Bilder, die dem Alltag entnommen sind: Man ist vor allem „busy“, immer unterwegs, den Blick gesenkt, um Kontakte zu vermeiden, oder auf ein imaginäres Mobiltelefon. Man sieht Zusammentreffen mit „Selfie-Getue“, Beziehungs-Zu- und -auseinander, Selbstbeschau, Größenwahn und alles im Tempo „höher-schneller-weiter“ und „mehr-mehr-mehr“.

Immer wieder dreht es sich darum, eine „gute Figur“ zu machen. Dazu passt es, wenn die Musik an Film erinnert und auch der Spitzentanz der Tänzerinnen und die wunderschönen Figuren in den Duos sowie die Konformität in den Gruppenchoreografien. Dazwischen tauchen einsam Suchende auf und wenn plötzlich alle auf dem Boden liegen oder in zitternden Bewegungen aufeinander zugehen, dann zeigt sich eine deutliche Sehnsucht danach, diesen Wahnsinn anzuhalten.

Jullys Choreografie ist gut durchdacht und zeichnet mit einem Ensemble, dessen Altersdurchschnitt dem der Generation Y entspricht, ein glaubwürdiges Bild. Doch wie in „D-Man in the Waters“, bleibt die Ästhetik auch in „Generation Y“ einer konventionellen Schönheit folgend. Die BallettCompagnie Oldenburg hat sich, nach ihrem Start in der Spielzeit 2014/15, im Nordwesten rasch etabliert und wird von ihrem Publikum geliebt. Jetzt aber scheint es Zeit zu werden, mehr Mut ins Spiel zu bringen, um das Publikum mit neuen Bildern, Ideen und Bewegungsmustern weiter in Bann zu halten und über den Oldenburger Kreis hinaus zu leuchten.

Oldenburgisches Staatstheater, Großes Haus, am 10., 18.3./ 2., 29.4. / 15., 28.5. /16., 23.6.2016

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