Forschen, fragen und feiern im Dorf

Die Uferstudios werden für die Tanznacht 2010 zu THE VILLAGE

Berlin, 01/12/2010

Nächtigen in Kunstambiente kommt in Mode. Kann man von einer Empore aus im Hamburger Bahnhof beobachten, ob die Rentiere in ihrem Raumpanorama nun Fliegenpilze naschen oder nicht und ob, wer ihren Urin trinkt, in Gifttrance gerät, so steht diesem Trend der Tanz nicht mehr nach. Die neue Form der Tanznacht macht’s möglich. Schon im sechsten Durchgang treffen sich alle zwei Jahre Anfang Dezember Vertreter der zeitgenössischen Berliner Szene zu Werkschau und Leistungsvergleich. Fand das überwiegend in der Akademie der Künste statt, bietet sich mit den frisch eingeweihten Uferstudios im Wedding ein perfekter neuer Ort. Neu ist auch das von der Tanzfabrik und Kurator Peter Stamer gemeinsam getragene Konzept der Tanznacht: Nicht mehr nur um Präsentation geht es, sondern um sichtbar gemachte, jederzeit transparent gehaltene Entstehungsprozesse. Dazu leben fünf Vorfeld-Wochen lang 25 Berliner Tänzer/Choreografen etwa so in Kommune, wie einst die Tanzfabrik begonnen hat. Sie alle bilden THE VILLAGE. Tag und Nacht logieren sie im Uferstudio-„Dorf“, absolvieren ihr Training, forschen zusammen nach neuem Material für Tanz und Performance, improvisieren und choreografieren, untersuchen den Arbeitsvorgang, deponieren ihre Ergebnisse in einem öffentlich zugänglichen Archiv. Dass auch der Austausch über Produktionsprozesse im freien Tanz mit ihren Freiheiten einerseits und Beschwerlichkeiten andererseits nicht zu kurz kommt, darf man vermuten.

Mehr noch: Das Team um Peter Stamer öffnet sein Atelier in der letzten Woche Neugierigen, teilt Leben und Recherche mit ihnen. Das ist vom 2. bis 5. Dezember dann die eigentliche Tanznacht - an einigen Tagen durchaus wörtlich zu nehmen. Am 2.12. erhalten die Gäste im Studio 14 zwischen 20 und 2 Uhr die Spielanleitung unter dem Motto „WE ARE – A Game“. Auch der eigene Vorschlag ist dabei gefragt, wenn es gilt, sich in Gruppenkontakt und Konzentration zu üben. Am 3.12. führen die Künstler zwischen 8 und 14 Uhr ihr Publikum alle 20 Minuten eine halbe Stunde lang durchs temporäre Dorf-Museum. Soundcollagen, Mini-Kino-Lounge, Stop-Motion-Skulptur oder Fotogalerie gibt es zu begutachten. „WE WERE – The Exhibition“ nennt sich, was die Studios 12 bis 14 einbegreift. Zu jeder vollen Stunde werden Bewegungssegmente vorgestellt, aber auch die Zuschauer können mitchoreografieren. Selbst Trainingskleidung steht dem im Angebot, der die Klassen für jede Alters- und Bewegungsstufe besuchen möchte.

Am 4.12. zwischen 2 und 8 Uhr heißt es dann „WE WOULD HAVE BEEN – Eine Traumnacht“. Seine Wünsche darf man ausleben, mit einem Schwarm tanzen, Gute-Nacht-Geschichten zuhören, Karaoke singen. Nachtlager sind bereitet, morgens wird das Frühstück ans Bett gebracht. Auch die Choreografen können sich in dieser Nacht Wünsche erfüllen. Am 5.12., dem Abschlusstag, spielt man in THE VILLAGE Orakel: Von 14 bis 20 Uhr sucht man unter „WE WILL BE – Ein Zukunftskongress“ die Perspektiven des Tanzes zu ergründen, etwa im Jahr 2050.

Gesprächsrunden, Vorträge, Tarot-Sessions, Alters-Tanz-Therapie oder kontemplative Spaziergänge rufen zu innerer Einkehr. Gegen Ende verkünden die Dorf-Ältesten beim Abendmahl ihre Zukunftsvisionen. Finale der Tanznacht ist in einem großen Feuerritual die Verbrennung persönlicher Wünsche. Wer aber sind jene, die fünf Wochen über THE VILLAGE ausmachen? Christina Ciupke ist dabei, eine der eigenwilligsten Berliner Choreografinnen, Raffaela Galdi, Ami Garmon, Jared Gradinger, Hanna Hegenscheidt, das Duo WILHELM GROENER, Clément Layes, Clint Lutes, Felix Marchand, Irina Müller, Angela Schubot von Two Fish, Odile Seitz, Litó Walkey und Sigal Zouk. Gespannt darf man sein, wen sie unter sich zu den Dorf-Ältesten küren.

2.-5.12., Uferstudios
 

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