Die Hoffnung stirbt zuletzt....

Xin Peng Wang auf der Suche nach der großen Freiheit

Dortmund, 21/02/2010

Xin Peng Wang liebt große Themen. Die Geburt der Sehnsucht - Krieg und Frieden – Freiheit... Wortreich philosophiert er im Programmheft, im Wechsel mit seinem Librettisten Christian Baier, über der „Befindlichkeit des Menschen im 21. Jahrhundert“ und packt seine Analyse mit der Aura eines Hollywoodschinkens auf die Bühne: zackig-zündende Aufmärsche und Kämpfe markiger Männer, langbeinige Show-Girls, High Society im Walzertaumel. Daneben ringen Individuen mit ihrem Schicksal, umhüllt von Nebelschwaden oder bestrahlt von Lichtkegeln, die aus dem Bühnenhimmel fallen. Jedoch: wo der Film, wenn es gilt, Seelenregungen zu zeigen, Gesichter in Großaufnahme zeigt, wirken die Ballett-Soli auf der großen Dortmunder Bühne geradezu putzig.

„The Last Future“ heißt die neueste „Ballettkreation“ des chinesischen Ballettchefs und seines Wiener Autor-Dramaturgen. Freiheit ist das große Stichwort. Als Stützpunkte dienen drei historische Ereignisse: das Woodstock-Konzert als Auslöser der westlichen Freiheitsbewegung (1969), Abschuss der Raumsonden „Pioneer 10“ (1972) und „Voyager“ (1977) mit Plakette zur Position der Erde im Sonnensystem (samt Abbildung eines nackten Menschenpaares) bzw. der „Golden Record“ als Gruß von der Erde an die Nachwelt auf anderen Planeten. Roter Faden ist eine banale Begegnung zweier Menschen, die – so die dürftige Synopsis - mit „'Hallo', sagte er und 'Hallo', sagte sie“ beginnt und endet - wobei peinlicherweise der „Epilog“ am Anfang steht und der Prolog am Schluss.

Dazwischen durchleben „Girl“ (Monica Fotescu-Uta) und „Boy“ (Adrian Robos) in Soli und Duetten Alpträume durch Zeiten und Räume („The spirit of time and space“: Arsen Azatyan) mit Höllenhund („Dogman“ Taulant Shehu), Little Red Rooster (Sergio Carecci), Hasen und Hunden, die zu Beethovens Hymne „Freude, schöner Götterfunke!“ in der Fassung des Soundtracks von „Clockwork Orange“ friedfertig Seite an Seite hopsen.... Am besten denkt der Zuschauer gar nicht nach, was das alles bedeuten soll und lässt sich einfach unterhalten von den stereotypen Klassik-Nummern und fetzigen Show-Einlagen auf Woodstock-Musik oder Hard Rock.

Die Hoffnung stirbt zuletzt.... Denn, so Christian Baier, „Es sind historische Zeichen dafür, dass Hoffnung schlussendlich doch kein Witz ohne Pointe ist“. Ergo: womöglich ist „The Last Future“ nicht unsere letzte Chance auf ein bisschen Frieden und Freiheit in dieser Welt – und, trotz soeben verkündeter Sparzwänge, auf Gastchoreografen für das vielseitige, technisch top-trainierte Dortmunder Ballett.... Immerhin: zu Joan Baez' „Oh, Freedom!“ erwachen Boy, Girl und die gute Fee (hier: „The white mistress“: Risa Tateishi) taumelnd aus der Totenstarre zu neuem Leben. Und alle dies- und jenseits der Bühne freuen sich nun schon, wenn Ende Juli in Dortmund Rasta Thomas zeigt, wie gut „Rock the Ballet“ aussehen kann.

www.theaterdo.de

 

Kommentare

Noch keine Beiträge

Ähnliche Artikel

basierend auf den Schlüsselwörtern