Bildkräftiges Tanztheater

Die Programmreihe „Politische Körper“ in der Akademie der Künste widmet sich Reinhild Hoffmann

Berlin, 15/01/2009

Für die Programmreihe „Politische Körper“, in der die Akademie der Künste die Aufbrüche des zeitgenössischen Tanzes aufzeigt, wird das Jahr 2009 besonders fruchtbar. Was 2008 mit Gerhard Bohner und Susanne Linke begann, setzt sich nun mit Künstlern unterschiedlichster Couleurs, von Maja Plisetskaja über William Forsythe bis VA Wölfl und Pina Bausch, fort. Den Jahresauftakt bestreitet eine dreiwöchige Reminiszenz an Reinhild Hoffmann, die lange neben Pina Bausch zweite, andere große Protagonistin westdeutschen Tanztheaters.

Ihre Ausbildung erhielt die 1943 im schlesischen Sorau Geborene an einer Karlsruher Ballettschule, hauptsächlich jedoch bei Kurt Jooss an der Folkwang-Hochschule in Essen, ehe sie zusammen mit Pina Bausch das Folkwang-Tanzstudio leitete, dann Tänzerin bei Johann Kresnik in Bremen wurde und bereits mit ersten Choreografien Preise holte. Den Durchbruch brachte 1977 „Solo mit Sofa“, Hoffmanns Gleichnis auf die Situation der Frau: Die Schleppe ihres Abendkleids fesselt sie an das ebenfalls weiße Möbel, beraubt sie ihrer Freiheit. „Bretter“, „Steine“, eine Partnerin in „Auch“ paraphrasieren die Aussage und ergänzen jenes Solo zum überaus erfolgreichen, bis 1984 gut 60 Mal gegebenen Gesamtabend.

Ihre produktivste Zeit hat Hoffmann 1978-86, zunächst gemeinsam mit Gerhard Bohner, als Direktorin des Bremer Tanztheaters. Dort entstehen wichtige Produktionen wie „Unkrautgarten“ um die Neurosen innerhalb der Familie, „Könige und Königinnen“ über das Ränkespiel um die Macht, und, als wohl populärste Kreation, „Callas“, mit der Operndiva als Typus des gehetzten Künstlers. Besonders die beiden letzten Stücke, zu sehen auch 1987 beim Gastspiel im damaligen Metropol-Theater, verbinden Bildkraft mit einer eigenständigen tänzerischen Bewegungssprache. Als Fortführung ihrer Bremer Recherchen, indes weniger prägend gilt ihre Direktorenschaft 1986-95 am Bochumer Tanztheater, wo auch die bitterböse Märchencollage „Machandl“ Rätsel aufgab. Seither arbeitet Hoffmann als freie Choreografin und Opernregisseurin mit Wohnsitz in Berlin.

Im Zentrum der Retrospektive in der Akademie am Hanseatenweg steht ab 18.1. die Ausstellung „Objekte Körper in Bewegung“. Reinhild Hoffmann hat sie selbst inszeniert, nennt sie „eine choreografische Installation“ und verknüpft darin originale Bühnenobjekte mit Filmaufnahmen von Vorstellungen. Ein eigener Bildraum zeigt jüngste Beispiele ihrer Opernregie. Tags zuvor, am 17.1. ab 18 Uhr, vereint der Eröffnungsabend Musik, Tanz, Film, Gespräch und Buchpräsentation. Er greift damit Hoffmanns stetes Interesse an Gegenwartskomposition und Bildender Kunst auf. So wird sie selbst zu Live-Musik agieren.

Nele Hertling und Norbert Servos moderieren mit Wegbegleitern diesen Abend, an dem Servos auch seine Neuerscheinung „Solange man unterwegs ist – Die Tänzerin und Choreografin Reinhild Hoffmann“ vorstellt. Am 7.2. ab 18 Uhr machen Choreografen der jüngeren Generation nach mehrtägiger interner Begegnung öffentlich, wie Hoffmanns Werk auf ihre künstlerischen Ansätze nachwirkt. In Tanz, Lecture, Gespräch sind der Wiener Philipp Gehmacher, das Hamburger Duo deufert & plischke und, natürlich, Reinhild Hoffmann selbst zu erleben.
www.adk.de

Kommentare

Noch keine Beiträge

Ähnliche Artikel

basierend auf den Schlüsselwörtern