Ballett-Akademie: Wie wird die Zukunft aussehen?

Es ist das Verdienst von Konstanze Vernon, mit ihrer Heinz-Bosl-Stiftung die Ballett-Akademie der Münchner Hochschule für Musik und Theater auf die internationale Landkarte gesetzt zu haben

München, 21/10/2009

Daran besteht kein Zweifel: es ist das Verdienst von Konstanze Vernon, mit ihrer Heinz-Bosl-Stiftung die Ballett-Akademie der Münchner Hochschule für Musik und Theater auf die internationale Landkarte gesetzt zu haben. Der Brite Robert North, der 2007 die 68-Jährige in der Leitung der Ballett-Akademie ablöste, ein umgänglicher Mann und auch glänzender Choreograf für die Heinz-Bosl-Ballettmatineen, wird nächstes Jahr 65. Die Hochschule hat jetzt die dringliche Aufgabe, für ihre Ballett-Akademie mit aller Sorgfalt den neuen Leiter oder die neue Leiterin zu wählen. 

Ein Blick zurück: 1978 gründet Konstanze Vernon, bereits leitende Professorin der Ballett-Akademie, mit ihrem (2008 verstorbenen) Mann Fred Hoffmann die Heinz-Bosl-Stiftung. Diese Stiftung ermöglichte es, den damals dreijährigen Studiengang Ballett der Musikhochschule zu einer Ausbildung vom 7. bis zum 18. (für Männer bis zum 21.) Lebensjahr auszubauen, ermöglichte neue Unterrichtsräume im prachtvoll umgebauten Schwabinger Trambahndepot, ein Wohnheim, Stipendien, Wettbewerbe, die „Bosl“-Matinéen im Nationaltheater. Bosl-Stiftung und Akademie wurden, inoffiziell, zum Synonym. Juristisch vielleicht nicht korrekt. Aber die Stiftung war ja durch das Tandem Vernon-Hoffmann eben nicht nur ein Geldtopf, sondern ein künstlerisches wie organisatorisches Total-Engagement. Was nur Positives zeugte während der 30 Jahre, die Konstanze Vernon an der Spitze von Stiftung und Ballett-Akademie stand. Wenn man diese so lange erfolgreiche „Ehe“ der beiden Institutionen nicht gefährden will, ist ein gutes Einvernehmen zwischen der Stiftungschefin und dem neuen Akademie-Leiter und letztlich auch dem Lehrerstab eine Grundvoraussetzung.

Wie wird sich die Zukunft der Ausbildung gestalten? Das ist jetzt die spannende Frage. „Dank Konstanze Vernon ist die Ballett-Akademie heute auf dem Elite-Niveau der Schulen der Pariser Oper und der Mailänder Scala“, sagt Staatsballett-Chef Ivan Liska. „Ich würde mich gerne noch enger an die Akademie binden – ein Drittel des Ensembles ist ja schon von dort -, aber für unser heutiges auch sehr modern ausgerichtetes Repertoire müssten die Studenten, zumindest in Lehrgängen, intensiver mit neuen Improvisationstechniken und den Tanzstilen von Graham, Limón und Mats Ek bis hin zu Forsythe vertraut gemacht werden.“ Genauso sehen das die ehemaligen Bosl-Absolventen Hans Henning Paar, in der dritten Saison Münchens Gärtnerplatztheater-Tanzchef, sein Ballettmeister Patrick Teschner und Liskas Ballettmeister Thomas Mayr.

Es habe sich, so alle drei einhellig, über die Vielfalt der Tanzstile hinaus, auch ein neues Körperwissen entwickelt, das zur Verbesserung der Tanzausbildung beitrage. Selbst für das klassische Ballett könne man vom Sport, der Athletik, von Pilates, der Gyrotonic-Technik und der Tanzmedizin lernen, schon früh körperliche Schäden zu vermeiden und gleichzeitig das Kräfte-, Dehn- und Sprungpotenzial eines Tänzers voll auszunutzen so Patrick Teschner. Die an der Akademie unterrichtete russische Waganowa-Methode sei gut. Aber wenn sie das neue Wissen um die genaue Funktion der Muskeln integriere, könne auch ein Student, der nicht dem Ideal-Körpermaß entspreche, ein erfolgreicher Tänzer werden. Man müsse vor allem schon bei den Achtjährigen die Kreativität fördern findet Thomas Mayr. Physiotherapie, wie sie gerade in der Dresdener Palucca-Schule zum Einsatz kommt, wäre wünschenswert, überhaupt ein ganzheitliches Körper-Geist-Konzept betont Henning Paar.

Alle drei plädieren überdies für eine ernährungswissenschaftliche Anleitung der Studenten und die Einführung von theoretischen Fächern wie Sprachkurse, Anatomie, Musiktheorie und Tanzgeschichte. Es sei schon wichtig, über die Ballets Russes Bescheid zu wissen, ein Verständnis für Literatur vermittelt zu bekommen, um die getanzten Rollen auch psychologisch erfassen zu können. Insgesamt müsse die Persönlichkeit der Studenten genauso stark gefördert werden wie ihre Technik, um den Forderungen der aktuellen Choreographen nach „mitdenkenden Tänzern“ zu genügen. Eine Menge Wünsche und Visionen für Münchens Ballettausbildung in den nächsten Jahren. Wird die Akademie, wird die Bosl-Stiftung das Geld haben, sie umzusetzen? Einig sind sich alle Befragten auch in einem Punkt: „Konstanze Vernons immense Erfahrung sollte den Akademie-Studenten auch unter neuer Leitung erhalten bleiben.“ 

www.heinz-bosl-stiftung.de

 

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