Von erschütternder Qualität

Manuel Legris & Friends in Pordenone, Italien

Pordenone, 15/04/2008

Paris ist nach wie vor Mekka der Ballettkultur. Das antiquierte Wort bietet sich im Fall der qualitätsvollen Darbietung der beiden anhaltend herausragenden Etoiles, Manuel Legris und Laurent Hilaire an. Letzterer hat seine Bühnenkarriere in Paris zwar beendet, beim Gala-Programm (mit Musik vom Tonträger) im modernen Theater im friulanischen Pordenone beeindruckte der facettenreiche Tänzer nicht nur in „Sept Danses Grecques“ von Maurice Bejart, deren vordergründige Fantasie zu griechischen Tänzen er phänomenal anreicherte und vor allem im zweiten Teil mit Slow Motion-Interpretation auskostete. Hilaire tanzte auch ein weiteres Mal Béjarts Mahler-Erzählung „Lieder eines Fahrenden Gesellen“ und ließ sich vom umsichtigen Partner Manuel Legris immer wieder führen. Immer noch zählt dieses Duett zu den herausragenden, scheinbar zeitlosen Choreografien des 20. Jahrhunderts, das von der Ausdruckskraft und der neoklassischen Technik seiner Interpreten lebt und durch die Meisterschaft der beiden reifen, sichtbar Alles gebenden Tänzer eine besondere Farbe erhält.

Obwohl die bühnentechnischen Bedingungen nicht ideal waren, Licht und Ton stimmten des öfteren nicht, ein Umstand, der auch Renato Zanellas feines, von der jüngst ernannten Etoile-Tänzerin Dorothée Gilbert mit Grazie und bestimmter Technik vorgeführten Strauß-Solo aus seiner besten Wien-Choreografie „Alles Walzer“ leicht irritierte, bestimmte das hohe tänzerische und stilistische Niveau den Abend. Mit welcher Disziplin, Hingabe und Tanzfreude Manuel Legris mit der alerten Gilbert „Nuages“ von Jiri Kylian tanzte, lässt sich kaum wiedergeben: Auffallend der ständige Bewegungsfluss und die exquisite, plastische und lebendige Gestaltung.

Der Abend war insgesamt bestimmt vom präzis-künstlerischen Akzentuieren der unterschiedlichen choreografischen Handschriften, die allesamt deutlich differenziert heraustraten. Legris und Hilaire hatten neben Gilbert sechs sehr junge Pariser Tänzer mitgebracht, die zeigten, wie hoffnungsvoll es um die Zukunft des Ballet National de l’Opera de Paris aussieht. Da tanzten Mathilde Froustey und Axel Ibot durch José Martinez schwierige, altes Schritt-Material verarbeitende „Delibes Suite“, vollführten Laurène Levy und Fabien Rataud die verschmitzte Annäherung zwischen Sylphide und James aus Bournonvilles „La Sylphide“, war Froustey an der Seite von Stéphane Bullion offenbar orientiert an Natalja Bessmertnovas Phrygia in Juri Grigorowitschs „Spartacus“ und im Speziellen an deren Handführung und fand vor allem als Diana in dem gewöhnlich zum Spektakel verkommenden Pas de deux „Diana & Acteon“ , wieder mit Bullion, zu einer berückend inhaltlichen Interpretation. Bleibt John Neumeiers Dvorak-Trio „Spring and Fall“: das einzige Beispiel des Abends, das nicht so gewandt ausgeführt wirkte, aber dennoch Seriosität und Anspruch ein weiteres Mal unter Beweis stellte.

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