In die Adels-Liste des internationalen Balletts aufgenommen

Die Birgit-Keil-Kompanie präsentiert Frederick Ashtons „La Fille mal gardée“

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Karlsruhe, 27/11/2008

Ist Karlsruhe größenwahnsinnig geworden? Denn dort hat jetzt das Ballett des Badischen Staatstheaters Frederick Ashtons „La Fille mal gardée“ herausgebracht, was nach Meinung einer deutschen Tanzexpertin „jedes andere Haus unterhalb der finanziellen und personellen Ausstattung von London, Paris oder Hamburg überfordert hätte“. Und München, Stuttgart und das amerikanische Joffrey Ballet, wo der Klassiker von 1789 seit Jahren auf dem Spielplan steht? Nein, seit Achim Thorwald Generalintendant des Hauses ist und 2003 den tollkühnen Entschluss gefasst hat, entgegen allen Nötigungen des Zeitgeistes die Tanztruppe des Hauses als klassische Ballettkompanie zu etablieren – und zwar in enger Zusammenarbeit mit der Akademie des Tanzes Mannheim –, hat sich Birgit Keil, Karlsruher Ballettdirektorin, in sechs Spielzeiten konsequent via „Giselle“, „Coppélia“, „Don Quixote“ und „Bayadère“ an das Kronjuwel des britischen Balletts herangearbeitet und es jetzt zum Entzücken des Publikums, einstudiert von Alexander Grant als Lordsiegelbewahrer des Ashtonschen Erbes höchstpersönlich (mit der Assistenz von Jane Elliott), herausgebracht.  Wo es sich neben Stuttgart (wieder ab Februar im Repertoire) wonneproppig behauptet.

Man reibt sich die Augen: so frisch und aus dem Ei gepellt tollt Christina Langton, Karlsruhes neue australische Ballerina (aus der Mannheimer Kaderschule) als „schlecht behütete Tochter“ an der Seite ihres feschen brasilianischen Lovers Flavio Salamanka (auch er ein Produkt „made in Mannheim“), über die Bühne, umgeben von einem Ensemble tanzwütiger Kumpaninnen und Kumpane (unter den Solisten allein fünf Ex-Mannheimer) – eine Truppe, so groß, dass man mit dem Zählen gar nicht mehr mitkommt, weil sie alle ständig so durcheinander gewirbelt werden. Unter ihnen auch der Südafrikaner Admill Kuyler, der seine transvestitische Witwe Simone so streng und bärbeißig anlegt, sozusagen mit Haaren auf den Zehen, und der Chinese Yunhao Guo, dessen tollpatschiger Alain glatt ein Zwillingsbruder des Wenzel aus der „Verkauften Braut“ sein könnte. Es ist eine Lust, in Karlsruhe ins Ballett zu gehen – und genau so reagierte das Publikum! Wie wären die Wiener froh, die seit Jahren unter einer perspektivlosen Ballettdirektion leiden, wenn sie eine Ballettchefin von der zupackenden Energie und Visionskraft einer Birgit Keil (und eines ballettaufgeschlossenen Intendanten wie Achim Thorwald) hätten!

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