Der dreifache Neumeier

Werke der „Ballets Russes“ wieder aufgenommen

Hamburg, 10/11/2008

Als die wilden Russen vor 100 Jahren in die westliche Zivilisation einfielen, war die Empörung groß: Musiker, Tänzer und bildende Künstler der „Ballets Russes“ regten die kultivierten Bürger damals ebenso auf wie an. Die laufende Spielzeit von John Neumeiers „Hamburg Ballett“ steht nun ganz im Zeichen des Jubiläums dieser Skandaltruppe: Drei Ballette aus dem Repertoire der russischen Kompanie erlebten am Wochenende an der Staatsoper ihre Wiederaufnahme.

Für John Neumeier sind die drei Werke alte Bekannte: „Daphnis und Chloë“ zu Ravels gleichnamigem Musikstück und „Le Sacre“ zu Strawinskys bekanntem „Frühlingsopfer“ inszenierte Neumeier bereits 1972 in Frankfurt. „Der Nachmittag eines Fauns“, begleitet von Debussys Prelude gleichen Titels, wurde 1996 in Dresden uraufgeführt.

„Wie funktioniert Liebe?“, fragt sich das junge, unerfahrene Paar „Daphnis und Chloë“. Erst nachdem jede(r) für sich erotische Erfahrungen mit Älteren gemacht hat, verlieren die beiden ihre Scheu, aber auch die Unschuld im Umgang miteinander. Schüler aus Neumeiers Ballettschule tanzen hier auf Augenhöhe mit den Solisten. Und auch „Der Nachmittag eines Fauns“ kann nicht wirklich überzeugen: Kaum haben die drei Protagonisten ihre Beziehung untereinander angedeutet, trennen sie sich auch schon wieder. So bleibt von beiden Werken wenig Berührendes haften.

Der dritte Teil hingegen sitzt: Leslie Heylmann tanzt um ihr Leben, sie ist die Auserwählte in „Le Sacre“, jene Jungfrau, die sich im archaischen Russland für ihr Dorf opfern muss - die Verzweiflung ihres Todestanzes lässt dem Publikum den Atem stocken.

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