Marian Sarstädt

Ballettlehrerin - „So kann man es auch machen, aber...“

Essen, 08/10/2008

Ein kurzer Lebenslauf 
Marian Sarstädt war Tänzerin beim Scapino Ballet von 1957 bis 1960, dann beim Grand Ballet du Marquis de Cuevas von 1960 bis 1962, beim Nederlands Dans Theater von 1962 bis 72, dann 1972 bis 1982 Ballettmeisterin beim Scapino Ballet. Danach wurde sie Leiterin des Fachbereichs Tanz des Koninklijk Conservatorium Den Haag von 1983 bis 2002, daneben war sie von 1999 bis 2004 auch Künstlerische Leiterin des Nederlands Dans Theater in Den Haag. Seit 2004 ist sie im Ruhestand, der aber nicht sehr ruhig ist, da sie als Gastlehrerin international sehr gefragt ist.

Als ich in der Spielzeit 1976/77 zum Scapino Ballet nach Amsterdam gekommen bin, hatte ich schon in verschiedenen Kompanien in Europa getanzt und solistische Rollen interpretiert. Ich war ziemlich selbstsicher und davon überzeugt, dass ich genau wusste, wie ich zu arbeiten habe! In diesem Zustand habe ich Marian Sarstädt kennengelernt. Sie war Ballettmeisterin und gab das tägliche Training. Sie hat langsam angefangen meine Arbeit zu hinterfragen, z.B. beim Tendu: ich ging immer durch die halbe Spitze beim Schließen, sie sagte nur: „So kann man es auch machen, aber ich würde so probieren!“, und zeigte mir wie sie mit gestreckter Fußspitze das Tendu raus und rein schleifte. Mein erster Gedanken war. „Was! Ich habe es immer so gelernt, soll ich jetzt alles ändern?“ Ich habe nichts gesagt und noch am selben Abend die beste Entscheidung getroffen: Ich habe mich dafür entschieden, es sechs Monate lang so zu machen, wie sie sagt, und dann würde ich sehen, ob sie Recht hat! Es hat nicht einmal sechs Monate gedauert und alles, alles war besser, meine Technik war leichter. Und sogar meine Füße haben noch besser ausgesehen auf den Bildern. Deswegen ist Marian Sarstädt die erste Lehrerin für klassisches Ballett, die ich hier vorstellen möchte.

Wenn ich ihren Unterricht mit nur einem Wort beschreiben sollte, dann wäre das: großzügig! Sie gibt alle ihre Erfahrung mit viel Energie weiter. Sie ist nie müde oder gelangweilt und so ist ihr Unterricht sehr rhythmisch. Sie ist sehr musikalisch, ich habe schon erlebt, wie sie bei einer Probe der Orchesterpartitur mit dem Dirigenten folgen konnte und dem Orchester die Einsätze richtig weitergeben konnte. Sie weiß viele verschiedene Übungen für die Koordination, die aber so tänzerisch sind, dass man nicht merkt, dass man eigentlich nur am Üben ist. Wenn sie korrigiert, tut sie das in Form einer Anregung und gibt dem Schüler die Wahl, es auszuprobieren.


Sechs Fragen an Marian Sarstädt

Wie und wann sind Sie zum Unterrichten gekommen?

Ich habe 1972 angefangen zu unterrichten, als ich Ballettmeisterin beim Scapino Ballet geworden bin. Als ich noch Tänzerin war, habe ich gemerkt, dass ich viel Freude dabei hatte, meine Rollen den jungen Tänzern zu lehren und dass man mit dem Resultat sehr zufrieden war. Auch fragten mich oft junge Tänzerinnen um Hilfe, wenn sie Probleme mit der Technik hatten, und ich merkte, dass ich gut helfen konnte.

Welche Meister haben Sie nicht vergessen, und warum?

Ein paar sehr wichtige Lehrer für mich waren in der Zeit bei Cuevas: Bronislava Nijinska für ihre Tradition und ihr Coaching, Nora Kiss für die Technik und Peggy van Praagh für das Coaching. In der Zeit beim Nederlands Dans Theater dann Benjamin Harkarvy als fantastischer Pädagoge und Coach und für seine Ansichten über die Kombination von modernem und klassischem Tanz.

Sind Sie der Meinung, dass man, das Lehren lernen kann? Wenn ja, wie sollte Ihrer Meinung nach so einen Lehrgang aussehen?

Nicht wirklich. Man kann in einer Pädagogenausbildung vielleicht das Handwerk lernen, aber man muss absolut Talent zum Unterrichten haben!

Muss für Sie ein Lehrer professionell getanzt haben? 

Absolut!!!!!!!

Was ist für Sie das Wichtigste zum erfolgreichen Unterricht?

Das Vertrauen! Der Student oder Tänzer muss dem Lehrer ganz und restlos vertrauen. Dasselbe gilt für den Lehrer. Ohne dieses Vertrauen gibt es keinen Erfolg.

Welche Korrekturen sollen Ihre Schüler nicht vergessen?

Es sind nicht die Korrekturen, die so wichtig sind. Die Schüler dürfen nie vergessen, dass sie Tänzer oder Tänzerin werden möchten, und das heißt, dass der TANZ den ersten Platz in ihrem Leben bekommt. Technik ist der Weg, Tanzen ist das Ziel. Ich möchte, dass sie das NIE vergessen.
 

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