„Seit ich sieben bin, wollte ich Tänzer werden“

John Neumeiers Ballettschule feiert heute ihr 30-jähriges Bestehen / Der Absolvent über seinen Weg zum Profi

Hamburg, 17/01/2008

Erwachsene nerven gern mal mit solchen Fragen: Was willst du werden, wenn du groß bist? Und kleine Jungen antworten immer noch: Feuerwehrmann, Lokomotivführer und Pilot. Tänzer ist selten dabei. Und doch gibt es sie, die Billy Elliots dieser Welt. Auch in Hamburg werden seit 30 Jahren Tänzer ausgebildet, an der Schule von John Neumeiers Hamburg Ballett. Das runde Jubiläum wird heute in der Staatsoper gefeiert. Es tanzen Solisten der Company und Schüler der Ballettschule gemeinsam. Einer von ihnen ist Lennart Radtke (18). Er berichtet im Interview: Wie wird man eigentlich Tänzer?

Frage: Wann kam der Tanz in dein Leben?

Lennart Radtke: An meiner Schule wurde ein zusätzlicher Kurs angeboten, Tanzen. Das hat mir gefallen. Damals war ich fünf und lebte mit meiner Familie auf der britischen Isle of Man. Als wir ein Jahr später nach London zogen, begann ich dort mit Stepptanz, auch das mochte ich.

Frage: Spaß am Stepptanz und Tänzer als Beruf sind ja noch mal zwei ganz verschiedene Dinge. Wann fiel die Entscheidung in Richtung Professionalität?

Lennart Radtke: Meine Lehrerin fragte mich, ob ich mich bei der Royal Ballet School vorstellen wolle. Ich tanzte vor - und war völlig überrascht, als ich genommen wurde. Also brachte mein Vater mich, als ich sieben war, jeden Sonnabend zur Royal Ballet School. Drei Jahre später musste er aus beruflichen Gründen wieder zurück nach Deutschland, ich aber wollte in England bleiben und tanzen! Da habe ich mich entschieden: Meine Eltern und mein kleiner Bruder zogen nach Hamburg, ich blieb in London.

Frage: Mit zehn Jahren allein in London?

Lennart Radtke: Ich habe im Internat gewohnt. Aber ich hatte großes Heimweh, fühlte mich schrecklich allein. Meine Mutter erzählte mir dann von der Ballettschule des Hamburg Balletts, und seit 2001 bin ich hier.

Frage: War das die richtige Entscheidung?

Lennart Radtke: Na ja, es gab eine Krise, als ich 13 war. In der Realschule wurde ich gehänselt, dann gemobbt und schließlich sogar verprügelt, nur weil ich Ballett machte. Da habe ich mich gefragt: Warum kann ich nicht sein wie alle anderen? Ich wechselte die Schule - und tanzte weiter. An der neuen Schule in Elmshorn habe dann ich einen Kurs angeboten: Es gab einen regelrechten Ansturm auf Tanz!

Redaktion: Für das Ballettschuljubiläum stehst du nun mit den Solisten auf der Bühne ... 

Lennart Radtke: Ja, aber das Tolle an dieser Aufführung ist die Live-Musik, das Bundesjugendorchester spielt! Die Musiker sind zum Teil jünger als wir und haben noch nie Tänzer gesehen. Ständig fragen sie: Esst ihr überhaupt?

Frage: Welche Träume sollten jetzt für dich in Erfüllung gehen?

Lennart Radtke: Ich will unbedingt tanzen, aber ich weiß jetzt schon, dass ich auch choreografieren will. Mr. Neumeier ist mein Vorbild.

Lust auf Tanz? Ihr Sohn oder Ihre Tochter wollen tanzen? Wollen wissen, wie das so ist bei John Neumeier? Jungen und Mädchen zwischen sieben und elf Jahren können eine Schnupperstunde machen im Ballettzentrum Hamburg - John Neumeier, Caspar-Voght-Straße 54, 20535 Hamburg. Auf spielerische Art werden die Jüngsten dort mit Musik und Bewegung vertraut gemacht. Link: www.hamburgballett.de

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