DVD: Flamenco puro

„Petenera – un drama Flamenco en música y baile“

Hamburg, 17/12/2007

Selten nur noch gibt es außerhalb von Spanien Flamenco in seiner reinen Form zu sehen, ohne Verstärker, ohne entblößte Oberkörper bei den Männern, und ohne Effekthascherei. Eine solche Ausnahme ist jetzt auf DVD dokumentiert: „Petenera – un drama Flamenco en música y baile“, in einer Inszenierung von und mit der kalifornischen Flamencotänzerin Elena Marlowe mit ihrer in USA beheimateten Flamenco Arts Company und dem legendären José Galván aus Sevilla.

Herzstück dieser DVD, die einen Mitschnitt verschiedener Auftritte in den USA und in Paris zwischen 2001 und 2004 darstellt, ist die über 500 Jahre alte und nur noch selten gezeigte Geschichte der jüdischen Außenseiterin Petenera, einer geheimnisvollen Frau, um die sich viele Legenden ranken. Sie soll zwei Männer umgebracht haben, wird beargwöhnt, gehasst, gefürchtet und auch beneidet. Sie wird häufig in Volksliedern besungen, aber man erfährt nie, wer sie wirklich war. Häufig gilt sie als Symbol des Todes. In der fast halbstündigen Interpretation von Elena Marlowe und José Galván bekommt Petenera, die herbe, stolze Jüdin, bei der Rückkehr aus der Synagoge (ein Hinweis auf die uralte Legende, denn zwischen 1492 und bis zum Ende der Franco-Diktatur waren Synagogen in Spanien verboten) das Misstrauen und die Ablehnung der Dorfbewohner zu spüren. Erst nach und nach erkennen diese, dass auch Petenera aus Fleisch und Blut ist, und dass sie ihres Mitgefühls und ihres Beistands bedarf.

Elena Marlowe, mit 68 Jahren nicht mehr die jüngste, aber gerade deshalb mit einem überaus faszinierenden Gesicht, portraitiert diese Frau auf magische Art: von lupenreiner Stilsicherheit, verhaltener Eleganz, und technischer Perfektion. Nie drängt sich ihre Interpretation in den Vordergrund, nie ist sie maniriert, nie gekünstelt. In ihrer Mimik und Haltung spiegelt sich all das Leid, aber auch die unbändige, verhaltene Kraft dieser Frau. Ihre reife, aber nie alte Darstellung der Petenera trifft mitten ins Herz.

Genauso wie José Galván als Cantaor, der mit Petenera in einen 26minütigen Dialog tritt. Im Interview, einem der Bonus-Tracks auf der DVD, erklärt Elena Marlowe, dass sie nie weiß, was José vorhat. Jeder Auftritt ist eine Überraschung – und so ist diese DVD tatsächlich etwas sehr Einzigartiges.

Wie auch die Aufzeichnung weiterer Auftritte von August 2004 im Jackson Theatre der Sonoma Country Day School in Santa Rosa in Kalifornien: die Tientos der im wahrsten Sinne des Wortes filigranen Tänzerin Teresa la Filigrana mit selten gesehener Perfektion und Eleganz, eine explosive und technisch makellose Serrana wiederum von Elena Marlowe sowie die expressiven Seguiriyas der Amerikanerin Carolina Luisa und der Japanerin Yumi Yamada. Gänzlich atemberaubend jedoch die Bulerias des legendären José Galván himself – ebenfalls nicht mehr der Jüngste, ergraut und mit deutlichem Bauchansatz, also so gar nicht der Typ des gelackten Beau mit Schmachtlocke und Brusthaar. Aber was dieser Grandseigneur des Cante und Flamenco hier an Zapateados auf den Bühnenboden hämmert, sucht seinesgleichen. Er steckt immer noch jeden, aber wirklich jeden in die Tasche.

Jeder Schritt sitzt, da wird nichts vernuschelt oder verhuscht, und der ganze Mensch ist von edelster Haltung – da wackelt oder vibriert oberhalb der Hüften nichts, rein gar nichts (selbst der Bauch bleibt angespannt!), und er schüttelt die Triller nur so aus den Hacken, als wäre es ein Kinderspiel. Phänomenal! Wer noch ein Last-Minute-Geschenk für Flamenco-Liebhaber sucht: hier ist es. Durch die Tatsache, dass nur eine limitierte Auflage von 1000 Stück gepresst wurde (jeweils in PAL und NTSC-Version), wird die Gabe umso wertvoller.

„Petenera“: Zu bestellen für ca. 20 Euro (abhängig vom Dollar-Kurs) im Shop auf der Homepage des Regisseurs der DVD, Michael Brown: www.musicfilmfactor.com, oder per E-mail info@musicfilmfactor.com

 

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