„Tanz hält immer wieder inne“

Der Salzburger Choreograf Philipp Gehmacher

Salzburg, 28/05/2006

Zu Mozart tanzen im Salzburger Mozarteum: Das klingt zunächst einmal nicht nach Philipp Gehmacher, der sich mit spröd wirkenden, aber ungemein komplexen Tanzstücken international einen Namen gemacht hat. Zuletzt wurde die Kommunikationserforschung „incubator“ auf Tournee gezeigt. Der gebürtige Salzburger, der viele Jahre in London lebte, nahm Michael Stolhofers Idee für die Mozart-Uraufführung als Herausforderung. „das überkreuzen beyder hände“ ist der Titel des Solotanzes von und für Gehmacher, der neben Arbeiten der Choreografen Johanne Saunier und Salva Sanchis am 17. Mai im Mozarteum Premiere hatte. Gehmacher hat sich eingehend mit der Fantasie in c-moll KV 475 und mit dem Pianisten Alexander Lonquich auseinandergesetzt. „Mich hat interessiert, welche Räume erschlossen werden, wenn die linke über die rechte Hand greift, wie es sich mit der Körperlichkeit des Pianisten verhält.“

Die Stück-Genese sei schwierig gewesen. Gehmacher: „Es gibt keine gerechte Möglichkeit, mit Mozart heute umzugehen.“ Der Choreograf, der auch das Cello-Spiel erlernt hat, studierte den kompositorischen Aufbau sehr genau: „Ich habe auch an Dekonstruktion gedacht, die Idee aber beiseite geschoben. Irgendwann habe ich mir gesagt: Ich kenne ihn nicht, er kennt mich auch nicht. Ich stelle zwei Systeme nebeneinander, ohne die Partitur zu verlassen und habe damit einen guten Weg gefunden.“ Der zeitgenössische Tanz hat sich vielfach der Musik entzogen. Gehmacher: „Das hat damit zu tun, dass die Musik in einem fort nach vorne drängt, in Zukünftiges fließt, während mein Tanz immer wieder innehält und Rückbezügliches zeigt.“ Im Tanz werde zunehmend ein anderes Zeitmaß verwendet. „Die Stille im Tanz“, meint Gehmacher, „verfügt auch über körperliche Präsenz.“

Es sind Begriffe wie Fragmentierung und Absenz, die das Schaffen des 31-jährigen Künstlers bestimmen. Minimalist aber sei er keiner. „Ich finde meine Arbeit sehr expressiv und versuche aus meinem täglichen Leben eine Kunstsprache zu entwickeln.“ 


Zur Person
Philipp Gehmacher wurde 1975 in Salzburg geboren und studierte Tanz in London. Seit 1997 zeigt er eigene Arbeiten, die mit Choreografiepreisen ausgezeichnet worden sind. Seit 2003 wieder in Wien ansässig, bringt Gehmacher in den nächsten Wochen mehrere Uraufführungen heraus. Darunter ein Projekt für das St. Pöltener Festival „Österreich tanzT“ (24. Juni) und eines für das französische Festival „Montpellier Danse“. Die Mozart-Uraufführung „das überkreuzen beyder hände“ wird am 20. Juni in Brüssel, am 2. und 3. Juli bei der Sommerszene Salzburg und Ende Juli bei ImPulsTanz zu sehen sein. Im März 2007 kommt eine neue Produktion im Tanzquartier heraus.

Mit freundlicher Genehmigung des Kurier

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