Auf Rosen gebettet - die Dornen sorgfältig gekappt

Malakhovs „Dornröschen - Seitensprünge mit dem Staatsballett Berli", jetzt als Buch

oe
Stuttgart, 13/04/2006

Ein Traum, geträumt von einem kleinen Jungen in der fernen ukrainischen Provinz, siebenunddreißig Jahre lang gehegt, gepflegt und schwer erarbeitet, und schließlich realisiert vom inzwischen zum „Jahrhunderttänzer“ avancierten Intendanten des Berliner Staatsballetts, am 26. Oktober 2005 an der Deutschen Oper in Charlottenburg. Jetzt nun auf 159 Seiten dokumentiert und mit Dutzenden von Schnappschüssen illustriert, herausgegeben von Frank Sistenich und Christiane Theobald, mit Fotografien von Monika Rittershaus und somit für die Unsterblichkeit gerettet, das ist „Malakhovs Dornröschen – Seitensprünge mit dem Staatsballett Berlin“ (erschienen bei Schott Musik International, Mainz 2006, ED 9965, Euro 39,95). Preisverdächtig als spezielle Berliner Rosenzüchtung unter dem Namen Malakhov.

Es ist ein großformatiger opulenter Band geworden, in dem alles vom Feinsten ist: das Papier, die Grafik, der Druck und die buchbinderische Verarbeitung – der hymnische Text und die Fotos sowieso. Gegliedert ist er in ein Grußwort vom Intendanten höchstpersönlich, den Prolog, in dem generell über den Traum und den Erweckungskuss philosophiert wird und einen Essay, der die Entstehungsgeschichte des Balletts von Tschaikowsky und Petipa resümiert und sodann ausführlich die Besonderheiten der Berliner Produktion kommentiert. Es folgt das Verzeichnis der zum Teil vierfach besetzten Rollen und schließlich ein kurz gefasster Handlungsabriss.

Damit sind wir auf Seite 23 angelangt, bevor auf Seite 25 der Akt 1 einsetzt, die Fotodokumentation der Produktion, jedes einzelne mit den Namen der Abgebildeten versehen. Zunächst das Training mit der Vorstellung der Tänzerpersönlichkeiten und die Proben. Akt 2 setzt auf Seite 79 ein mit den Bühnenproben – jetzt in Farbe, mit Kostüm- und Maskenandeutungen. Auf Seite 113 ist es dann soweit, es beginnt die Vorstellung mit der Präsentation der Hofgesellschaft anlässlich der Taufe der Prinzessin Aurora – und so geht es dann durch die Aufführung bis zu den Schlussvorhängen und den Gratulationen und dem Abschminken hinter Bühne, mit einem leicht verkaterten Schnappschuss am Ende der Premierenparty um 4.10 morgens.

Ja, so hätten wir‘s, in dieser Qualität, gern von der St. Petersburger Uraufführung 1890 gehabt, von der Diaghilew-Produktion, in der „The Sleeping Princess“ 1921 in London zu sehen war, dann in der englischen Version, mit der das damalige Sadler‘s Wells und spätere Royal Ballet zu seiner Welteroberung aufbrach und von den deutschen Einstudierungen nach dem Krieg vielleicht am ehesten die märchenhafte MacMillan-Inszenierung (Deutsche Oper Berlin, 1967), John Neumeiers so poetisch-behutsame Hamburger Neuproduktion von 1978 und Marcia Haydées dramatisch so ungemein zugespitzte Stuttgarter Version von 1987. Die werden nun nicht ohne Neid auf diesen luxuriösen Band aus Berlin sehen.

Wobei es sicher noch zu früh ist für eine historische Bewertung der Malakhov-Produktion, deren Kommentar nach allem, was ich so darüber gehört und gelesen habe, wohl doch etwas reichlich überschwänglich ausgefallen ist (wie die Malakhov-Fans unter den Kollegen sich davor hüten sollten, sich gar zu weit aus dem Fenster zu lehnen). Der Bühnen-Rosengarten der Ausstattung von Valery Kugurov in allen Ehren, aber der Clash der Farben ist doch sehr gewöhnungsbedürftig und um Welten entfernt von Jürgen Roses diesbezüglichem hortikulturellem Geschmack. Fehlt eigentlich nur noch, dass man das Buch mit einer Rosen-Duftnote parfümiert hätte!

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