Tanz-Kino im August

Vorschau auf die Filme

Berlin, 11/08/2005

Im Rahmen des Festivals werden an drei Abenden die filmischen Arbeiten „Amelia“ von Éduard Lock, „Vers Mathilde“ von Claire Denis und „Somewhere in Between“ von Pierre Coulibeuf im Kino Arsenal am Potsdamer Platz vorgeführt.

Sehr sehenswert ist Locks „Amelia“ aus dem Jahr 2003, eine Choreografie, die auch als Bühnenversion existiert. Zur Musik von David Lang tanzt die formidable Kompanie LaLaLa Human Steps mit atemberaubendem Tempo in einem hohen Kasten aus Holzparkett, an dessen abgerundeten Kanten die Tänzer hin und wieder abrutschen. Herausragend ist die Beleuchtung von André Turpin: Er setzt gezielte Lichtkegel etwa auf einen Oberkörper, auf das Herz, das wild zu schlagen beginnt, oder erzeugt lange Schatten und klare Linien. Dadurch betont er den ungewöhnlichen Bühnenraum und die puristische Struktur des Stücks. Die durch die Filmtechnik ermöglichten schnellen Perspektivenwechsel und das Spiel mit der Nähe - oft wird an die sehr präsenten Tänzer bis zu den Poren herangezoomt - tragen mit dazu bei, dass der Tanz, bei dem auch Herren auf Spitze und Damen im Anzug zu sehen sind, durch die Kombination mit dem Medium des Films zu einem neuen Tanzerlebnis und Kunstwerk wird.

Das ist bei „Vers Mathilde“, einem Film von Claire Denis über die französische Tänzerin und Choreographin Mathilde Monnier aus dem Jahr 2004, nicht der Fall. Die Choreografin probt, wärmt sich auf, zeigt die von ihr bevorzugten weiten, runden Übungen mit den Armen, schüttelt heftig Kopf, Haare und Hände zu Discomusik. Das wirkt manchmal wie auf einem Selbsterfahrungstrip. Über Hintergründe und das umfangreiche Werk der Künstlerin, die das Choreografische Zentrum in Montpellier leitet, erfährt man nichts. Die Probenausschnitte aus dem Stück „Déroutes“ zeigen einen Arbeitsprozess. „Lenz“ von Büchner wird gelesen, und ganz so wie Lenz sich auf den Weg in die Berge machte, so muss auch jeder Tänzer seinen persönlichen Weg finden. Das Gehen und das vom Weg Abkommen sind Thema in „Déroutes“. Der Zuschauer hört, dass die Proben so gut sind, dass man ein Filmteam benötigt, um sie aufzuzeichnen. Dann wieder sagt Monnier „c'est pas magnifique“ und reflektiert über das, was sie da tut. Vielleicht empfiehlt es sich in diesem Fall, an Stelle des Films lieber die neueste Produktion von Monnier, „Frère & Soeur“, live im HAU 2 anzusehen.

Wesentlich durchdachter und kalkulierter ist „Somewhere in Between“ von Pierre Coulibeuf über die amerikanische Choreografin Meg Stuart, ebenfalls aus dem Jahr 2004. Viele kurze Szenen wiederholen sich, werden weiterentwickelt, erzählen kurze Begegnungen und Alltagssituationen. Der Film verzichtet praktisch ganz auf Dialoge. Überdehnte Gestik, Lachen, Abwehren, Verführen, Spiel und Ärger werden schauspielerisch und durch einknickende, abrutschende, ausbrechende, schnelle und verquere Bewegungen dargestellt, sind gut gespielt und nur scheinbar unkoordiniert. Einzig wenn es wirklich traurig zu werden droht, wird mit übertriebenem Lachen reagiert; ist auch das Absicht? Schweizer Alpengesänge mit skurrilen Sängern, Meg Stuart zwischen Kühlschränken, beim Ein- und Auspacken von Koffern in einer Lagerhalle, Szenen auf dem Bett und im Bad, Hüpfen, Tanzen, Rennen auf einem langen Balkon, in einer Tiefgarage, die Treppen hinauf und hinunter und die Beschreibung von Meg Stuarts Gesicht sind Szenen, die in Erinnerung bleiben. Ein Porträt über eine Frau, die macht was sie will, die spielt und die die Fäden in der Hand hält.

Daten: 17. August: 21.15 Uhr „Le jeune homme et la mort“ (zwei Versionen von Kenneth Anger und Roland Petit), „Amelia“ (Eduard Lock)

19. August: 19.00 Uhr „M.M in Motion“ (von Vivian Ostrovsky), „Vers Mathilde“ (von Claire Denis)

23. August; 21.00 Uhr „Somewhere in between“ (von Pierre Coulibeuf)

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